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Ulrike Herrmann über Deutschlands gefährliche schwarze NullDanke, Flüchtlinge!

Die „schwarze Null“ ist inzwischen tiefschwarz: Der deutsche Staat macht Milliardenüberschüsse. Dies klingt wie eine gute Nachricht, weiß doch jeder Bankkunde, dass es teuer wird, wenn sein Konto in die roten Zahlen rutscht. Außerdem wirkt es beruhigend, wenn der Staat Geld hat, um Schulden zurückzuzahlen. Endlich, so scheint es, kehrt die Normalität zurück, schließlich muss auch jeder Kleinsparer seine Kredite abstottern.

Doch obwohl die spontane Assoziation so eindeutig ist, wäre es keine gute Idee, wenn der Staat seine Schulden zurückzahlt. Der Staat ist kein Familienhaushalt, sondern er ist ein Puffer, der ausgleichen muss, was an der Basis falsch läuft.

In Deutschland sparen alle: Die privaten Haushalte legen Geld zurück, und auch die Unternehmen erwirtschaften riesige Überschüsse. Zwar gibt es einzelne Familien oder Firmen, die Schulden machen, aber in der Summe sparen Bürger und Betriebe. Wenn jetzt auch noch die Regierung anfängt, Schulden abzubauen – dann spart faktisch auch der Staat. Alle häufen Geld auf, aber wohin mit diesem Geld?

Investieren lohnt sich nämlich nicht. Wenn alle sparen, verzichten alle auf Konsum. Die Waren stapeln sich in den Regalen, und es herrscht ständige tendenzielle Überproduktion. Es ist daher kein Paradox, was derzeit allseits beklagt wird: Es wird kaum investiert, obwohl die deutsche Wirtschaft brummt.

Daher muss man den Flüchtlingen dankbar sein, die jetzt nach Deutschland kommen. Ihre Not ist so groß, dass selbst Finanzminister Schäuble eingesehen hat, dass sich das Thema Schuldenabbau erledigt hat und der Staat Geld ausgeben muss. Die Flüchtlinge sorgen jetzt für ein Konjunkturprogramm, das schon lange nötig war. Diese Zusatzausgaben beleben nicht nur die deutsche Wirtschaft – auch die Krisenländer in Europa profitieren, weil Deutschland mehr importiert. Tschüss, schwarze Null.

Wirtschaft + Umwelt SEITE 8

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