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Endlich über die Bezirke reden

Kommentar

von Uwe Rada

Schwarz-grüner Vorstoß zu Schulbauten ist überfällig

Es ist interessant, dass dieser Vorstoß auch von den Grünen kommt. Damit marode Schulen endlich saniert werden, fordern die grüne Bildungspolitikerin Stefanie Remlinger wie auch CDU-Fraktionschef Florian Graf mehr Kompetenz für die Landesebene – zulasten der zwölf Bezirke. Ein wichtiger Vorstoß, denn die Bezirke haben die Mammutaufgabe schlicht nicht schultern können.

Vorbild Hamburg

Interessant ist der Vorstoß, weil er eine fast schon überfällige Debatte anstößt. Seit der gescheiterten Länderfusion 1995 ist in Berlin nicht mehr ernsthaft über Sinn und Unsinn der Berliner Verwaltungskultur gesprochen worden. Spätestens seit dem Kollaps der Bürgerämter aber ist deutlich geworden, dass das Nebenher von bezirklichen Zuständigkeiten und dem der Senatsverwaltungen viel Sand ins Getriebe streut – und wenig Spielraum für Reformen. Hamburg, das schon lange einen Landesbetrieb Schulbau hat, macht es da besser.

Dass die Bezirke in Berlin in vielem überfordert sind, hat auch mit der Auswahl des politischen Leitungspersonals zu tun. Weil von Spandau bis Treptow-Köpenick keine Koalitionen gebildet werden, werden die Stadtratsposten nach Proporz vergeben. Das hat den Vorteil, dass auch kleinere Parteien wie die Grünen und Linken politisch mitmischen können. Andererseits sitzen damit auch nicht automatisch die am besten Qualifizierten in den Rathäusern.

Die Grünen haben also etwas zu verlieren, sollten die Bezirke tatsächlich entmachtet werden. Dennoch ist der Vorstoß richtig. Warum nicht ergebnisoffen prüfen, ob nicht auch die Bürgerämter künftig zentral gesteuert werden sollen. Ein schlichtes „Weiter so“ ist angesichts der wachsenden Zahl an Einwohnern schwer vorstellbar.

Und am eigenen Ast sägen werden die Grünen damit auch nicht. Sie können im Landeswahlkampf mit Recht von sich behaupten, dass etwa das Thema der Milieuschutz­satzungen ohne die grünen Baustadträte nie auf die politische Agenda gekommen wäre.

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