Privatsphäre jetzt neu

EU „Historisch“, „neue Kultur“: Beim Vorstellen der Datenschutzregeln überbieten sich die Akteure

BERLIN taz | Davon, dass sie noch vor einigen Monaten ziemlich uneins waren, ist nichts mehr zu sehen. Bei der Vorstellung der neuen Datenschutzgrundverordnung geben sich die VertreterInnen von EU-Parlament, Rat und Kommission einig.

„Das Regelwerk wird eine neue Kultur des Datenschutzes bedeuten“, sagt die sozialdemokratische Parlamentarierin Marju Lauristin. Die EU-Kommissarin Věra Jourová spricht von einer „historischen Errungenschaft sowohl für die Grundrechte als auch für die Digitalwirtschaft in Europa“.

Die Datenschutzgrundverordnung soll die aktuell geltende EU-Richtlinie zum Datenschutz ersetzen. Die ist mit 20 Jahren deutlich älter als viele der Geschäftsmodelle, die auf der Nutzung persönlicher Daten basieren – besonders relevant ist das etwa bei Firmen wie Facebook oder Google. Nachdem bereits in der vergangenen Woche, nach der Einigung in den Trilog-Verhandlungen von EU-Parlament, Kommission und Europäischem Rat, der Abschlusstext bekannt wurde, haben ihn nun VertreterInnen der Gremien offiziell vorgestellt.

„Wir haben den Text technikneutral gestaltet“, sagt der Grünen-Abgeordnete und Berichterstatter für die Verordnung, Jan Philipp Albrecht. So würden Prinzipien auch für zukünftige Geschäftsmodelle festgeschrieben, und die Verordnung müsse nicht alle paar Jahre an technische und wirtschaftliche Entwicklungen angepasst werden. Darüber hinaus gebe es nun erstmals eine EU-weite Definition von „Zustimmung“, die bei der Datennutzung notwendig ist: Diese müsse aktiv, freiwillig und eindeutig gegeben werden. Die häufig verwendeten voreingestellten Häkchen gingen damit nicht mehr.

Verbraucherschützer und Bürgerrechtler hatten sich nach der Einigung verhalten optimistisch geäußert. Der Tenor: Dass es nach vierjähriger Verhandlungsdauer eine Einigung gebe, sei positiv, vor allem angesichts massiver Lobbyarbeit der Industrie. Doch im Detail sei der Schutz hinter den ursprünglich geplanten Standards zurückgeblieben.

Dass sich die genauen Auswirkungen erst in der Praxis zeigen dürften – die Verordnung soll Anfang 2018 in Kraft treten –, darauf deuten auch die Reaktionen aus der Wirtschaft hin: Während der Bundesverband Digitale Wirtschaft von einem „realitätsfernen“ Ansatz spricht und eine Überregulierung des Internet erwartet, ist der Verband der Internetwirtschaft eco eher optimistisch: Die neue Regelung werde für Unternehmen mehr Rechtssicherheit und Einsparpotenziale bieten. SVE