US-kubanische Beziehungen: Die große Langsamkeit

Vor einem Jahr haben Barack Obama und Raúl Castro die Weichen auf Entspannung gestellt. Längst nicht alle Erwartungen haben sich erfüllt.

Verkehr in Havanna

Alltagsszene in Havanna, Kuba. Foto: dpa

BERLIN taz | „Die Zahl der privaten Taxifahrer, der Cafés und der frisch renovierten Wohnungen spricht für sich. Hier werden 200.000 US-Dollar für ein Apartment gefordert und bezahlt. Die Leute investieren“, erklärt Omar Oeverleny Pérez. Der Rhythmus habe sich seit dem 17. Dezember 2014, als Barack Obama und Raúl Castro in ihren öffentlichen Ansprachen die Weichen auf Verständigung stellten, merklich erhöht. Über die Familienbande fließe deutlich mehr Geld nach Kuba, welches in private Geschäfte und Immobilien investiert werde, so der Sozialwissenschaftler vom Studienzentrum der kubanischen Wirtschaft (CEEC).

Das Tauwetter zwischen den ehemaligen Klassenfeinden macht sich auch in den kubanischen Statistiken bemerkbar. Für dieses Jahr wird mit einem Wirtschaftswachstum von etwas mehr als 4 Prozent gerechnet. Deutlich mehr als die 1,3 Prozent von 2014.

Das sorgt für immer mehr Yumas, wie die US-Amerikaner genannt werden, in den Straßen von Havanna und Santiago de Cuba. Ungefähr 50.000 US-Touristen waren es kubanischen Quellen zufolge noch 2014. In diesem Jahr könnten es drei- oder viermal so viel sein und für 2016 pendeln die Prognosen zwischen 600.000 und 800.000. Das hat dazu geführt, dass selbst das Tourismusministerium an die Bevölkerung appelliert hat, die Besucher aufzunehmen, weil die Kapazitäten der Hotels nicht ausreichen.

Damit haben viele Kubaner wie Gabriel Calaforra, kritischer Intellektueller und ehemaliger Diplomat, gerechnet. Nicht aber damit, dass die Reformen zwischen beiden Ländern so langsam vorankämen. Bei der Kommunikation, bei den direkten Verbindungen zwischen Miami oder Tampa mit der Insel, geht es vielen Kubanern zu langsam. Auch sind die oft hochfliegenden Hoffnungen auf den wirtschaftlichen Aufschwung teilweise bitter enttäuscht worden.

Kaum Fortschritte auch im Bereich der Telekommunikation

Zwar ist mittlerweile der Postweg zwischen Havanna und den USA wieder nutzbar, aber bei den Linienflügen zwischen beiden Ländern heißt es schon länger nur: „demnächst“. Gleiches gilt für die Fährverbindung zwischen Miami beziehungsweise Tampa mit Havanna. Vorverträge gibt es schon lange, aber eben nicht mehr.

Enttäuschend sind die Fortschritte auch im Bereich der Telekommunikation, wo Journalisten wie Iván García vor einem Jahr hofften, dass die Annäherung an die USA für einen Schub beim Internetzugang sorgen würde. Zwar gibt es heute ein paar Dutzend Wifi-Zonen auf der Insel, aber schnelle Verbindungen sind trotzdem Mangelware.

Delegationen kommen aus aller Welt. Zu den Dissidenten geht kaum einer

Das kritisieren auch Dissidenten wie Elizardo Sánchez von der kubanischen Kommission für Menschenrechte und Versöhnung (CCDHRN). Die nutzt einmal wöchentlich die Leitung der US-Botschaft am Malecón, ist aber ansonsten auch auf internationale Hotels angewiesen.

Kommt Obama 2016 nach Kuba?

Seit der Annäherung zwischen Havanna und Washington, kritisiert Sánchez, vergehe zwar kaum eine Woche, in der nicht Delegationen aus den USA, Europa und Asien die Lage auf der Insel sondieren und nach Investitionsmöglichkeiten suchen. Aber bei der Opposition melden sich nur wenige der Besucher. US-Präsident Obama ist da die Ausnahme: Er hat kürzlich angekündigt, noch 2016 gern nach Kuba zu kommen – aber nur, wenn er auch Dissidenten sprechen könne.

Die Regierung agiert gewohnt langsam und bürokratisch. Die von Raúl Castro angekündigten Reformen kommen nicht so recht vom Fleck. Dazu zählt auch die Währungsreform, die eigentlich bis zum nächsten Parteitag, der Ende März und Anfang April stattfinden wird, anlaufen sollte. Derzeit wissen nicht einmal Kubas Ökonomen, ob das Ende der doppelten Währung nun endlich vollzogen wird. „Es gibt zwar Regularien, die bereits vor einem Jahr vorgestellt wurden, aber das Dilemma ist, dass dem Geld nicht genug Waren gegenüberstehen“, erklärt Omar Everleny Pérez.

Das Fehlen von Perspektiven ist jedoch auch ein Grund, weshalb die Zahl der auswandernden Kubaner in diesem Jahr erneut gestiegen ist. Ein bekanntes Dilemma. Neu ist, dass viele sich auch deshalb jetzt noch Richtung USA aufmachen, weil sie befürchten, dass bald auch die Präferenzbehandlung kubanischer Migranten enden könnte. Mancher Wandel provoziert erst einmal mehr vom Gleichen.

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