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portraitEine diskrete Frau

Sie gilt als Schauspielerin, die gern aneckt. Als eine, die auch Rollen annimmt, vor denen andere zurückschrecken würden. Für ihre Hauptrolle in „Der Nachtportier“ (Il portiere di notte) unter der Regie von Liliana Cavani gilt das ganz besonders. Charlotte Rampling, die zuvor auf leichte Komödienstoffe abonniert war, spielte nun eine KZ-Überlebende in einer sadomasochistischen Beziehung mit einem KZ-Aufseher, den sie nach dem Zweiten Weltkrieg in einem Wiener Hotel wieder trifft.

Der Skandal des 1974 erschienenen Films ging so weit, dass er im Entstehungsland Italien zunächst nicht gezeigt werden durfte, weil ihn die Justiz für unmoralisch befand. Heute würde man das kaum vermuten. Denn Rampling, 1946 in England geboren, hat in jüngerer Zeit eher durch ihre herausragenden Fähigkeiten als Schauspielerin für Schlagzeilen gesorgt. Der Skandal damals – vor dem „Nachtportier“ hatte sie schon 1969 in Luchino Viscontis ebenfalls stark umstrittenen NS-Historienfilm „Die Verdammten“ gespielt – hat ihr denn auch in erster Linie für andere Zwecke genützt. Seitdem traute man ihr nämlich vermehrt „ernste“ Rollen zu, unter Regisseuren wie Woody Allen, Sydney Lumet oder Julio Médem.

Allen voran aber unter dem Franzosen François Ozon. In dessen Psychodrama „Unter dem Sand“ ist Charlotte Rampling die Hauptfigur, eine Frau, der während eines Strandurlaubs der Mann abhandenkommt – er ist vermutlich im Meer ertrunken –, und die sich danach schwertut, vom Gespenst ihres Gatten loszukommen. Rampling trägt diesen Film praktisch allein, die Kamera lässt sie nicht aus dem Blick. Was Ramplings Spiel dabei so bemerkenswert macht, ist die kontrollierte Zurückhaltung, mit der sie die Nöte der Protagonistin Fleisch werden lässt, ihr fast starrer, dadurch aber umso eindringlicherer Blick, ihr Hauch von einem Charlotte-Rampling-Lächeln, wenn sie lächelt.

Eine kontrollierte Frau spielt sie auch in dem britischen Ehedrama „45 Years“, für das sie am Samstag mit dem Europäischen Filmpreis als beste Schauspielerin ausgezeichnet wurde. Den Preis überreichte ihr François Ozon. Rampling war zu Tränen gerührt. Tim Caspar Boehme

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