: Zschäpe will tatsächlich reden – lassen
Rechtsterrorismus An diesem Mittwoch will Beate Zschäpe im NSU-Prozess erstmals aussagen
Noch am Montagnachmittag sah es danach aus. Dann aber teilte ihr fünfter und neuester Anwalt, der Münchner Strafverteidiger Hermann Borchert, dem Gericht mit: Zschäpe gehe es „physisch und psychisch schlecht“, sie sei „völlig aus dem Gleichgewicht“. Nach einer Zellendurchsuchung habe sie einen Weinkrampf, wohl auch einen Nervenzusammenbruch erlitten. Nun bekräftigt Mathias Grasel, Zschäpes anderer Anwalt des Vertrauens: Die Aussage soll am Mittwoch erfolgen, in einer schriftlichen Einlassung, verlesen von ihm. Von 53 Seiten ist die Rede. Richter Manfred Götzl fragt Zschäpe direkt: „Wie geht es Ihnen?“ Die Angesprochene nickt leicht: „Gut.“
Seit Wochen hat Grasel zusammen mit Borchert die Aussage eingefädelt. Bereits im November sollte diese erfolgen. Dann aber kamen ein Befangenheitsantrag gegen die Richter und ein Entpflichtungsantrag von Zschäpes drei ursprünglichen Verteidigern – Anja Sturm, Wolfgang Stahl und Wolfgang Heer – dazwischen. Das Trio setzt bis heute auf die Schweigestrategie. Die wird nun von Zschäpe durchkreuzt.
Am Dienstag beantragt Hermann Borchert seine Beiordnung als Pflichtverteidiger. Seit November hatte er als Wahlverteidiger für Zschäpe gearbeitet, sie zuvor schon beraten, auf eigene Kosten. Richter Götzl lässt vorerst offen, ob er Zschäpe einen fünften, vom Staat bezahlten Anwalt gewährt. Erst im Juli hatte er ihr Grasel zur Seite gestellt. Der diktiert Götzl nun seine Bedingungen für Zschäpes Aussage. Fragen werde man nur schriftlich beantworten, und nur von den Richtern gestellte – Bundesanwaltschaft, Opfer-Anwälte und Mitangeklagte bleiben außen vor. Kommende Woche könne man erste Antworten vorlegen.
Götzl widerspricht dem Ansinnen zunächst nicht. Nur in einem Punkt lässt er Zschäpe im Ungewissen: Ob der Prozesstag am Donnerstag ausfalle, damit sie sich erholen kann, warte man erst mal ab. KONRAD LITSCHKO
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen