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Eine Front gegen rechte Lügen

Ideologie Im Europaparlament will man klare Kante gegen die rechtsradikalen Brandstifter des Front National zeigen. Doch die halten einige Trümpfe in der Hand

Parteichefin Marine Le Pen am 7. Oktober 2015 bei einer Rede im Europaparlament Foto: Vincent Kessler/reuters

Aus Brüssel Eric Bonse und Camille Le Tallec

Der Wahlsieg des rechtsextremen Front National (FN) in Frankreich führt zu harten Abwehrreaktionen im Europaparlament. Abgeordnete aller demokratischen Fraktionen kündigten an, künftig noch stärker Front gegen die nationalistische und EU-feindliche Politik von FN-Führerin Marine Le Pen und ihrer rechten Fraktion zu machen. Allerdings gibt es auch nachdenkliche Stimmen.

Die EU müsse nun „klare Kante“ zeigen und die „ideologischen Brandstifter“ mit allen legalen Mitteln bekämpfen, fordert die SPD-Europaabgeordnete Evelyne Gebhardt. „Marine Le Pen ist keine Demokratin“, sagte der CDU-Politiker Elmar Brok, der den außenpolitischen Ausschuss des Parlaments leitet. Sie sei nicht besser als ihr Vater, der immer wieder antisemitische Provokationen verbreitet, und müsse aktiv bekämpft werden.

Als Mittel der Wahl gilt im Europaparlament die Große Koalition aus Sozialdemokraten und Konservativen, die gleich nach der Europawahl 2014 gebildet worden war. Sie grenzt die Frontisten, aber auch Politiker der Linken systematisch aus und verhindert, dass sie Straßburg als Bühne für ihre Propaganda nutzen. Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) setzt zudem auf juristische Mittel.

Bereits im März hat Schulz die EU-Antibetrugsbehörde Olaf eingeschaltet – wegen des Verdachts auf finanzielle Unregelmäßigkeiten. So soll der FN 1,5 Millionen Euro pro Jahr für angebliche Parlamentsassistenten zweckentfremdet haben. Die Mitarbeiter sollen in Wahrheit nie für die 23 FN-Europaabgeordneten gearbeitet haben, sondern in der Parteizentrale in Paris tätig gewesen sein.

Der Verdacht habe sich mittlerweile in mehreren Fällen erhärtet, heißt es in Brüssel. Ende Oktober kam noch ein weiterer Vorwurf hinzu: Le Pen soll Schindluder mit ihrer Wahlkarte getrieben haben; bei mehreren Abstimmungen im Europaparlament wurde ihre Stimme gezählt, obwohl sie längst abgereist war. Auch dazu laufen Ermittlungen, diesmal auf Antrag der konservativen EVP-Fraktion, die von Manfred Weber (CSU) geführt wird.

„Marine Le Pen ist keine Demokratin“

CDU-Politiker Elmar Brok

Doch die Vorwürfe dürften Le Pen und ihre Anhänger nach dem Erdrutschsieg von Sonntag kaum schrecken. Mehr denn je tritt die FN-Führerin dafür ein, das Schengen-Abkommen zur Reisefreiheit zu kündigen, den Euro aufzugeben, zu nationalen Gesetzen zurückzukehren und vor allem die Einwanderung zu begrenzen. Dabei weiß sie sich einig mit 38 Europaabgeordneten, die im Juni die rechte Fraktion „Europa der Nationen“ gebildet haben.

Die Rechten haben einige Trümpfe in der Hinterhand. Durch den Fraktionsstatus verfügen sie nicht nur über erhebliche finanzielle Mittel – 1,5 Millionen Euro bekamen sie im zweiten Halbjahr aus dem Parlamentsbudget für ihre Arbeit. Sie können nun auch Parlamentsberichte verfassen und die Leitung von Ausschüssen beantragen. Praktisch wirksam wird dies allerdings erst Ende 2016, wenn die Ausschüsse turnusgemäß neu besetzt werden.

Doch schon jetzt sind die Rechten im EU-Parlament so stark, dass sie Frankreichs Staatschef François Hollande bei seinem letzten Besuch in Straßburg zu erbitterten Wortgefechten provozierten. Die Sozialisten wollen deshalb nun einen „Cordon sanitaire“, eine Art Bann, über sie erlassen. „Wir müssen systematisch die Lügen bekämpfen, die der Front National über Europa verbreitet“, sagt Pervenche Berès von den französischen Sozialisten.

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