piwik no script img

Erstmals Mehrheit der Briten für den Austritt aus der EU

GRoßbritannien Während junge Leute pro EU votieren, ist die Mehrheit der Alten dagegen

Nur 38 Prozent im Alter von 65 Jahren und älter sind pro EU

LONDON dpa/taz | Die Mehrheit der Briten befürwortet laut einer Umfrage der Zeitung The Independent (London) einen Austritt aus der Europäischen Union. 52 Prozent plädieren für den „Brexit“, nur 48 Prozent wollen in der Gemeinschaft bleiben.

Damit unterstütze erstmals bei den monatlichen Umfragen des Blattes eine Mehrheit den Austritt, schreibt die Zeitung. Premierminister David Cameron könnte bereits nächstes Jahr ein Referendum über Austritt oder Verbleib der Briten in der EU ansetzen. Das Ergebnis könnte die Gemeinschaft in eine schwere Krise stürzen.

Möglicherweise reagierten die Befragten auf die Terrorangriffe von Paris sowie auf die Flüchtlingskrise, meinte der Independent. Großbritannien hatte in der Flüchtlingskrise erklärt, höchstens 10.000 Syrer als Kontingentflüchtlinge aufnehmen zu wollen. Ohnehin sei die Unterstützung für einen Verbleib in der EU bereits im Oktober geringer geworden. Noch bis September hätten 55 Prozent in der Gemeinschaft bleiben, nur 45 Prozent gehen wollen. Für die Umfrage wurden den Angaben zufolge vergangenen Mittwoch und Donnerstag 2.000 Briten befragt.

Bei der Umfrage vom November gab es deutliche Unterschiede in den verschiedenen Altersklassen. Während 69 Prozent der Befragten zwischen 18 und 24 Jahren einen Verbleib in der EU befürworteten, waren es unter den Briten im Alter von 65 Jahren und älter nur 38 Prozent. Am stärksten war der Zuspruch für eine EU-Mitgliedschaft demnach in Schottland und Wales. In England dagegen lag der Zuspruch in den meisten Regionen unter 50 Prozent.

Die Zustimmung zur EU lag in Schottland bei 60 Prozent. Britische Medien spekulieren wiederholt, Schottland werde sich von London loslösen, sollte Großbritannien tatsächlich aus der EU austreten.

Cameron hat eine solche Abstimmung über den Verbleib in der EU bis spätestens Ende 2017 versprochen. Doch ein früherer Urnengang gilt als durchaus möglich. Auch in Brüssel wird die Gefahr eines Austritts mittlerweile ernst genommen.

Für einen Verbleib stellt der britische Premier weitreichende Bedingungen. So dürften Nichteuroländer wie Großbritannien gegenüber der Eurogruppe nicht benachteiligt werden. London müsse zudem das Recht erhalten, sich vom Ziel einer immer engeren Gemeinschaft zu verabschieden. Dies müsse London „verbindlich und umumstößlich“ garantiert werden, forderte Cameron kürzlich. Falls die ­Forderungen nicht erfüllt würden, müsse London über seinen Platz in der EU nachdenken. Kritiker eines Verbleib des Landes in der EU werfen Cameron vor, lediglich kosmetische Korrekturen zu fordern, die die britische Unabhängigkeit ignorierten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen