piwik no script img

Ein Milliardär hat Appetit auf Kohle

ENERGIE Für die Lausitzer Kohle, die Vattenfall abstößt, interessiert sich jetzt Tschechiens reichster Mann

Die Übernahmeschlacht bei der Braunkohle von Vattenfall wird immer skurriler: Jetzt bietet auch Petr Kellner, reichster Mensch der Tschechischen Republik, in der Lausitz mit. Kellner steht der Investmentgruppe PPF vor, die ins Gebot der Holding EPH einsteigen will. „Gemeinsam können wir nicht nur den eventuellen Ankauf, sondern auch die künftige Entwicklung der Aktiva der Firma Vattenfall in Deutschland besser finanzieren“, so PPF-Finanzdirektorin Kateřina Jirásková.

Damit sind es offiziell drei Bieter: Neben Tschechiens staatlichem Energiekonzern ČEZ hat auch Greenpeace Kaufinteresse angezeigt. Petr Keller ist eigentlich Banker, seine PPF-Gruppe der größte Finanzdienstleister Tschechiens. Mit einem Vermögen von 8,4 Milliarden US-Dollar belegte er 2014 Platz 106 der „Forbes-Liste“.

Nun also das Braunkohlegeschäft: Dafür soll eine Holding gegründet werden, an der beide Gruppen zur Hälfte beteiligt sind. Bereits jetzt hält PPF 44 Prozent der EPH-Anteile. Die EPH hat sich bereits den kleinsten deutschen Braunkohlekonzern, die Mitteldeutsche Braukohle AG, Mibrag, einverleibt.

Greenpeace: „Kein PR-Gag“

Vattenfall rechnet mit bis zu 3,2 Milliarden Euro aus dem Verkauf des deutschen Braunkohlegeschäfts. „Wir glauben nicht, dass es so teuer wird, rosig ist die Zukunft der Braunkohlebranche nicht“, hatte dagegen Schwedens Greenpeace-Chefin Annika Jacobson erklärt und beteuert, das eigene Mitbieten sei kein PR-Gag: „Als Vattenfall ein neues Atomkraftwerk in Schweden bauen wollte, haben wir auch über den Kauf des Grundstücks diskutiert.“

Anders als Greenpeace wollen die tschechischen Interessenten die Kohlegruben weiter ausbeuten. Das starke Interesse in Tschechien liegt an einem Gesetz von 1991: Es bestimmt, dass der Braunkohleabbau im Hauptfördergebiet Nordböhmen nur in den damals bestehenden Tagebaugrenzen erfolgen darf. In Tschechien wird derzeit über die Hälfte des Stroms aus Kohle – überwiegend Braunkohle – erzeugt. Faktisch wäre damit 2022 Schluss: Dann sind die nordböhmischen Tagebaue ausgekohlt. Schon heute verfeuern tschechische Kraftwerke deutsche Mibrag-Braunkohle.

Das nächste Lausitzdorf, das der Kohle weichen müsste, ist Proschim bei Welzow. Dort hat Vattenfall die Genehmigung, den Tagebau so auszuweiten, dass auch 2042 noch gefördert werden kann. Nick Reimer

Der Autor ist Chefredakteur des Onlinemagazins klimaretter.info.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen