portrait: EuropasFifa-Kandidat
Bisher war er der Welt vor allem als Losfee-Betreuer bei der Ziehung von europäischen Wettbewerben wie der Champions League ein Begriff. Seit Montagnachmittag ist Gianni Infantino, der stets in Anzug und Krawatte gewandelte Mann mit der wohlpolierten Glatze, aber auch offizieller Kandidat für die Nachfolge von Fifa-Präsident Sepp Blatter.
„Wir glauben, dass Gianni Infantino alle Qualitäten hat, die es braucht, um die großen Herausforderungen anzugehen. Er kann die Organisation auf dem Weg der Reformen führen, um die Integrität und Glaubwürdigkeit wiederherzustellen“, begründete das Exekutivkomitee der Europäischen Fußball-Union (Uefa) die Nominierung Infantinos.
Weniger als einen halben Tag vor Ablauf der Bewerbungsfrist am Montag um null Uhr hat sich der Verband dazu entschieden, doch noch eine Platini-Alternative aufzustellen. Es wirkt wie eine Notlösung, als wolle sich die Uefa absichern für den Fall, dass ihr Präsident Michel Platini den nun folgenden Integritätscheck nicht besteht und nicht zur Wahl am 26. Februar antreten darf. Schließlich ist er wegen einer von Blatter erhaltenen dubiosen Zahlung von 2 Millionen Schweizer Franken derzeit für 90 Tage von der Fifa-Ethikkommission gesperrt.
Infantino ist eine Art „Platini light“. Der 45-jährige Schweizer Rechtsanwalt, der auch einen italienischen Pass besitzt, kommt zwar nicht aus dem aktiven Fußball, hat aber als Funktionär jahrelange Sport- und Fußballerfahrung. Er war Generalsekretär des Internationalen Zentrums für Sportstudien. Seit 2000 arbeitet er in verschiedenen Funktionen für die Uefa, ist seit 2009 auch hier Generalsekretär. Über reichlich Stallgeruch verfügt er also. Darüber hinaus gilt der sechs Sprachen sprechende Funktionär als rechte Hand und enger Vertrauter Platinis. Bisher liest sich seine Biografie unbefleckt. Ob und wie viel Infantino von den Geschäften zwischen Platini und Blatter wusste, ist ungewiss.
Dass die beiden Vertrauten gegeneinander antreten, gilt als ausgeschlossen. Mit Platini kein Infantino. Doch selbst als Eins-b-Variante wäre Letzterer noch aussichtsreich. Ein echter Neuanfang wäre aber auch er nicht. Ronny Müller
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