„Ein Kompromiss mit Schmerzen“

Asylrecht Die rot-grünen Koalitionen im Norden sind gespalten: Schleswig-Holstein und Hamburg stimmen für das verschärfte Asylgesetz, Bremen und Niedersachsen verweigern sich

Jetzt leiden sie wieder an sich selbst, die Grünen. Und an ihren Beteiligungen an Landesregierungen, die ihnen auch in der Asyl- und Flüchtlingspolitik Gestaltungsfähigkeit abfordert statt reine Menschlichkeit. „Die Zeit der Symbole ist vorbei, jetzt ist Pragmatismus notwendig“, sagt etwa Hamburgs Grünen-Fraktionsvorsitzender Anjes Tjarks. Die Zustimmung des rot-grünen Senats zur Verschärfung der Asylgesetze am gestrigen Freitag im Bundesrat sei „ein Kompromiss mit Schmerzen“.

Das Gesetz werde dazu beitragen, „dass Bund und Länder die aktuellen Herausforderungen besser bewältigen können“, glaubt Hamburgs Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne). Der Zugang zu Integrations- und beruflichen Qualifizierungsmaßnahmen werde verbessert, die Möglichkeit zur Einführung einer Gesundheitskarte eröffnet und die Erwerbsmigration für Menschen aus Westbalkanstaaten ermöglicht. Wichtig sei auch, „dass wir als Länder den Spielraum haben, das Taschengeld nicht durch Sachleistungen zu ersetzen und die Leistungskürzungen auf eine klar definierte Gruppe von Ausreisepflichtigen zu begrenzen“, betont Fegebank. „Deshalb stimmen wir zu.“

Auch Schleswig-Holsteins Vize-Regierungschef Robert Habeck hat den getroffenen Kompromiss verteidigt. „Wir haben eine Reihe von Erfolgen erzielt“, sagte der Grüne. Es gebe nun erstmals einen direkten Zugang zum Arbeitsmarkt, Hilfe für die Roma, Unterstützung bei der Integration und eine regelmäßige Überprüfung der sicheren Herkunftsländer. „Das haben wir erzielt, weil wir unsere Möglichkeiten genutzt haben, Einfluss zu nehmen“, so Habeck weiter. Dennoch sei es „völlig in Ordnung“, dass sich einige Länder auch wegen der Grünen dennoch enthielten. „Es ist nicht ehrenrührig zuzugeben, dass wir uns mit einigen Verschärfungen schwer tun.“

Genau deshalb haben sich die rot-grünen Landesregierungen in Niedersachsen und Bremen bei der Abstimmung enthalten. „Wir lehnen das Gesetzespaket zur sogenannten Asylverfahrensbeschleunigung ab“, sagte die grüne Fraktionsvorsitzende in Hannover, Anja Piel. Auch aus Sicht der Bremer Grünen sind die Pläne für schnellere Asylverfahren zum Teil untragbar. Die Sozialdemokraten in beiden Bundesländern halten das Gesetzeswerk dagegen für zustimmungsfähig.

In solchen Streitfällen enthalten alle rot-grünen Koalitionsverträge in Norddeutschland die Klausel, dass das Land sich im Bundesrat enthält. Bremen und Niedersachsen machten davon Gebrauch, Hamburgs und Schleswig-Holsteins Grüne nicht. Sven-Michael Veit

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