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Ein Mittel gegen extreme Preise

PHARMA Der EU-Gesundheitskommissar fordert, gegenüber der Industrie mehr Stärke zu zeigen

Die Arzneipreispolitik liegt in den Händen der EU-Länder

BRÜSSEL taz | In die Debatte über politische Konsequenzen aus zuletzt horrend steigenden Ausgaben für Arzneimittel in Europa hat sich nun der EU-Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis eingeschaltet. „Unsere Aufgabe als EU-Kommission ist es, die 28 Mitgliedsstaaten dazu zu ermutigen, künftig stärker als bisher zu kooperieren und Preisverhandlungen mit Pharmaherstellern nach Möglichkeit gemeinsam zu führen“, sagte Andriukaitis der taz. Nur so lasse sich Stärke gegenüber der Industrie und ihren teilweise extremen Preisforderungen demonstrieren.

Derzeit handelt jeder EU-Staat den jeweiligen Preis für ein Medikament, der dann auch nur für das jeweilige Land gilt, in der Regel allein mit dem pharmazeutischen Unternehmen aus. „28 verschiedene Preise für 28 verschiedene Märkte, das geht nicht“, erklärte Andriukaitis. „Hier brauchen wie ein innovatives System.“ Zwingen könne er die Mitgliedsstaaten nicht, die Arzneipreispolitik ist allein in den Händen der EU-Länder.

Ein faires System zur Preisfindung, der Zugang zu Medikamenten für alle EU-Bürger und Kostentransparenz gehörten zu seinen Hauptzielen in der Arzneimittelmarktpolitik, stellte der Kommissar klar.

Derzeit belasten steigende Kosten für Medikamente die sozialen Sicherungssysteme europaweit und haben eine Diskussion über die Grenzen der Belastbarkeit ausgelöst. Allein in Deutschland erhöhten sich die Ausgaben für Arzneimittel zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) im vergangenen Jahr um 3,3 Milliarden auf 35,4 Milliarden Euro, das entspricht einem Anstieg von 10,3 Prozent. Zurückzuführen ist das nicht nur darauf, dass die Gesellschaft älter und damit kränker wird, wie aus dem aktuellen GKV-Arzneiverordnungsreport hervorgeht: Es sind vielmehr einige wenige innovative, extrem hochpreisige Medikamente – etwa zur Behandlung von Krebs, Multipler Sklerose oder Viruserkrankungen –, die die Kosten explodieren lassen.

Der Forderung von Gesundheitsökonomen, Kosten-Nutzen-Bewertungen für Medikamente regelhaft verpflichtend und nicht nur – wie etwa in Deutschland – im Ausnahmefall durchzuführen, erteilte Andriu­kaitis dagegen eine Absage: „Dafür sind die europäischen Gesundheitssysteme zu unterschiedlich, und die Märkte sind es auch.“ Kosten-Nutzen-Bewertungen seien zudem methodologisch kompliziert.

„Man müsste dazu erst einmal definieren, welche Kosten man überhaupt gegen welchen Nutzen aufrechnen und vergleichen will.“ Solche Bewertungen könnten ohnehin nur ein ­Baustein sein innerhalb der Verhandlungen über einen ­angemessenen Arzneimittelpreis. Heike Haarhoff

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