Pope Francis – Empfang eines Rockstars

USA Papst Franziskus trifft in den USA auf eine gespaltene Gesellschaft. Viele erhoffen seine Unterstützung, aber US-Konservativen sind seine Positionen um Längen zu progressiv

Katholischer Republikaner-Hinterbänkler will die Papstrede boykottieren

NEW YORK taz | Eine Lehrerin, die von ihrer katholischen Schule entlassen wurde, weil sie mit einer Frau verheiratet ist. Der erste offen schwule anglikanische Bischof der USA. Ein katholischer Transgender-Aktivist – sowie eine Nonne, die für das Recht auf Verhütung und Schwangerschaftsabbruch eintritt. Das sind vier der 15.000 Gäste, die am Mittwoch auf der Südwiese des Weißen Hauses „Pope Francis“ empfangen werden. Barack Obamas Team hat die Gästeliste mithilfe von NGOs, Kirchen und Bürgerini­tia­tiven zusammengestellt.

Vertreter des Vatikans haben wissen lassen, dass sie damit einverstanden sind. Aber RepublikanerInnen und konservative KatholikInnen zeigen sich schockiert. Der Präsidentschaftskandidat Mike Huckabee, ein Evangelikaler, der selbst nicht ins Weiße Haus eingeladen ist, nennt die Einladungen „stillos“ und eine „Beleidigung für Millionen Katholiken“.

Am Dienstag ist Papst Franziskus angereist, und die USA empfangen ihn wie einen Rockstar. Der Präsident persönlich ist – in einer seltenen Geste – zur Ankunft des Papstes zum Flughafen gekommen. Das Leben in der US-Hauptstadt wird zwei Tage lang um den Papst kreisen. Der Papst begeistert vor allem Leute auf der Linken. Im wenig katholischen New York haben 70.000 Menschen bei einer Lotterie Tickets gewonnen, um am Freitag einen Blick auf ihn im Central Park werfen zu können.

Im konservativen Lager hingegen herrschen Skepsis und Zähneknirschen. Das Wall Street Journal begrüßte den Papst mit einem Editorial, in dem es heißt,. der Kapitalismuskritiker habe keine Ahnung von Wirtschaft. Der republikanische Hinterbänkler und Katholik Paul Gosar will wegen der Klima-Enzyklika den Kongressauftritt des Papstes boykottieren. Und der Chef des Repräsentantenhauses, der katholische John Boehner, betont, der Papst sei zwar sein Kirchenoberhaupt, geht jedoch politisch vorsichtig auf Distanz.

Während seiner knapp sechs Tage in den USA wird „Pope Francis“ 18 Reden halten, Messen eingeschlossen. Am Donnerstag spricht er – als erster Papst überhaupt – vor dem US-Kongress.

Wenn er am Freitag in New York vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen redet, dann sicher über den Klimawandel. Welche anderen Themen er behandeln wird, steht nicht in Einzelheiten fest. Aber alles an seinen Auftritten ist politisch, selbst die Sprache. Das Englisch des in Argentinien geborenen Papstes ist nicht fließend. Es ist wahrscheinlich, dass er die meisten Reden auf Spanisch halten wird. In derselben Sprache, die auch die rund 12 Millionen papierlosen EinwandererInnen benutzen und von der einzelne Präsidentschaftskandidaten in den USA sagen, dass sie nicht in öffentliche Auftritte gehöre.

Zwischenzeitig soll der Papst erwogen haben, wie ein Migrant auf dem Landweg von Mexiko aus in die USA zu kommen. Diesen Reiseplan hat er verworfen. Stattdessen ist er von Kuba – aus der Peripherie – in die USA gekommen. Und er hat schon während seiner Tage in Kuba anklingen lassen, dass er gegen Mauern und gegen Isolationen angehen will.

Im Weißen Haus hoffen einige der Gäste, dass sie den Papst für ihre Anliegen sensibilisieren können. Darunter auch die lesbische Religionslehrerin Margie Winters. Sie glaubt nicht, dass sie bei dem Empfang persönlich mit ihm sprechen kann. Doch der Papst kennt ihr Schicksal bereits. Die Lehrerin ist von der katholischen Waldron Mercy Academy in Philadelphia entlassen worden, nachdem Eltern sich über ihre gleichgeschlechtliche Ehe beschwert haben. Daraufhin appellierten 23.000 andere Eltern und LehrerInnen an den Bischof, die Entlassungen von Lesben und Schwulen zu beenden. Eine Menschenrechtsorganisation veröffentlichte ein Video. Und Winters Gattin Andrea schrieb in einem Brief an den Papst: „Bitte intervenieren Sie für uns und unzählige andere Katholiken“. Dorothea Hahn