: Es lebe die Streuobstwiese
Naturfilm Ob Apfel oder Birne: Most muss sein, finden immer mehr Freunde traditioneller Streuobstwiesen und pflegen den alten Brauch des Saftmachens
Von Ansgar Warner
Äpfel verströmen ihren Duft, Grünspechte tirilieren, Wildbienen summen: Heimische Streuobstwiesen sind wahre Oasen der Biodiversität und Artenvielfalt. Doch diese traditionellen Kulturlandschaften sind gefährdet, sie verwildern, werden in Ackerland oder Bauflächen umgewandelt, eine Entwicklung, der sich immer mehr kleine Mostereien mit Hilfe des Nabu entgegenstellen.
Im Internet veröffentlichen die Naturschutzbündler eine ständig wachsende Liste von Entsaftungslocations für jedermann (siehe streuobstwiese.de). Mit Schenk Natursaft aus Ascheberg/Münsterland kam im August bereits die 222. Mosterei dazu. „Dort wie auch bei allen anderen Mostereien auf unserer Liste können die Menschen ihr eigenes Obst zu eigenem Saft oder Most pressen lassen – das ist unsere Vorgabe für die Aufnahme“ so Markus Rösler, Sprecher des Nabu-Bundesfachausschusses Streuobst,.
Die Mostereien verteilen sich auf 15 Bundesländer, wobei die meisten in Baden-Württemberg (48), Niedersachsen (28), Nordrhein-Westfalen und Mecklenburg-Vorpommern (beide jeweils 23) zu finden sind. Ein Drittel der 222 Saftereien sind „mobile Mostereien“, die auf Fahrzeugen transportiert werden und so zum Endkunden kommen. Das sei eine sehr dynamische Entwicklung, so Rösler: „Vor 20 Jahren gab es noch keine mobile Mostereien in Deutschland. Inzwischen gibt es Regionen, insbesondere in den neuen Ländern, in denen die mobilen Mostereien eine wichtige Grundlage für die Erhaltung und Bewirtschaftung der Streuobstwiesen sind.“
Derzeit sind bereits mehr als die Hälfte der rund 100 mobilen Mostereien Deutschlands im Verzeichnis aufgenommen, beim Nabu denkt man auch an die andere Hälfte: „Wir rufen alle Mosterei-Betriebe in Deutschland, die das Pressen von eigenem Saft anbieten, auf, sich bei uns zu melden. Gerne veröffentlichen wir auch Hinweise, ob zusätzlich in Bag-in-Box abgefüllt wird sowie wie hoch die Preise für das Mosten sind“, wirbt Rösler, der selbst aus einer Familie stammt, in der die Verwertung des eigenen Mostobstes seit Jahrhunderten Tradition hat.
Eine große Naturkostsafterei im niedersächsischen Wendland hat bereits seit Längerem eine regionale „Streuobstwiesen-Initiative“ auf die Beine gestellt. Schon seit mehr als 70 Jahren verarbeitetet der mittelständische Betrieb Äpfel und Birnen der Bauern aus der Region zu Saft. „Streuobstwiesen sind ein kostbares Kulturgut und ein wertvoller Lebensraum für eine vielfältige Artengemeinschaft von Tieren und Pflanzen“, so Geschäftsführer Stefan Voelkel. „Fruchtsaft aus Streuobst ist ein Qualitätsmerkmal: Die Sortenvielfalt im Streuobstanbau garantiert einen harmonische Geschmack und dient dem Erhalt traditioneller Obstsorten“. Zudem böten die traditionellen Obstgärten vielen Kleinsäugern, Insekten und Vögeln einen idealen Lebensraum.
2001 regte Voelkel die Gründung des „Bio-Streuobstverein Elbtal e. V.“ zur Förderung der regionalen Streuobstwiesen an. Der Verein motiviert die Wiesenbesitzer, informiert über die ökologischen Vorteile der Wiesen und organisiert neue Setzlinge von alten Obstsorten. Zudem wurde an einem Verfahren gefeilt, mit dem Mitglieder ihre oft kleinen Obstgärten zu bezahlbaren Preisen bio-zertifizieren lassen können. Die Safterei garantiert den Mitgliedern die Abnahme und Verarbeitung des Obstes zu einem fairen Preis. Dabei entstehen hochwertige Direktsäfte, zugleich fördert das den für die Region typischen dünger- und pestizidfreien Streuobstanbau. Rund 100 aktive Mitglieder liefern im Wendland Saison für Saison bis zu 80 Tonnen Streuobstäpfel in Bioqualität. Viele alte Flächen wurden so erhaltend bewirtschaftet, einige werden auch neu angelegt.
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