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Nicht alle sind willkommen

MIGRATION Die CDU will deutliche Verbesserungen bei der Integration – aber nur für „gute“ Flüchtlinge

„Wir sind auf Zuwanderung angewiesen“

Thomas Röwekamp, CDU

Die Bremer CDU will ihre Flüchtlingspolitik neu ausrichten. Am Dienstag legten CDU-Fraktions-Chef Thomas Röwekamp und die CDU-Sozialpolitikerin Sigried Grönert dazu ein Positionspapier vor. Grundsätzlich durchzogen ist das von der Idee, deutlich zwischen den Flüchtlings-Gruppen nach Herkunft zu unterscheiden: Jenen Flüchtlinge, etwa aus Syrien, die eine hohe Chance auf Asylhaben, solle schneller als bisher eine Perspektive in Deutschland ermöglicht werden. Integration solle „vom ersten Tag an beginnen“, heißt es in dem Papier.

Dies sehe die CDU durchaus anders als noch in den 1990er- Jahre, so Röwekamp. Auch die Christdemokraten hätten damals dazu beigetragen, dass Integration von MigrantInnen sich verzögert habe. Den Fehler wolle man nicht mehr begehen. „Wir sind auf Zuwanderung angewiesen“. Die Bremer CDU spreche sich daher für ein Einwanderungsgesetz aus.

Röwekamp nannte einige konkrete Maßnahmen auch für Bremen: So sollten Deutschkurse früher und auch für Geduldete angeboten werden. Minderjährige Flüchtlinge sollten drei Jahre länger als bisher bis zum 21. Lebensjahr zur Schule gehen können, um eine bessere Ausbildungschance zu erhalten, es brauche mehr Dolmetscher und eine bessere Vernetzung mit Jobcenter und Arbeitsamt.

Noch eine Reihe mehr an Verbesserungen zählt das Papier auf. Flüchtlinge allerdings, die laut CDU „ohne einen Asylgrund zu uns kommen“, jene aus den Westbalkan-Staaten, sollen daran explizit nicht teilhaben. Stattdessen schlägt die CDU vor, sie nach Herkunftsländern getrennt in eigenen Erstaufnahmeeinrichtungen unterzubringen, wo sie bleiben sollen, bis sie konsequent abgeschoben werden.

Der Flüchtlingsrat Bremen kritisierte die Position der CDU als „populistische Abschreckungspolitik“. Gegen die Teilhabe der einen stünden Sonderlager für die anderen. „Maßnahmen zur Integration, arbeitspolitische Chancen und menschenwürdige Unterbringung darf nicht vom Herkunftsland abhängig gemacht werden“. Die Aufteilung nach Herkunft hebele das individuelle Asylrecht aus.

Die Mehrheit derjenigen, die aus den als sicher eingestuften Staaten Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina fliehen, gehören zur Minderheit der Roma. Das Vorgehen „verhöhne“ die Opfer von gewalttätigen Übergriffen durch Polizei und Sondereinheiten etwa in Mazedonien oder von struktureller, tradierter Diskriminierung im Kosovo.

Für Sozialsenatorin Anja Stamann (Grüne) sind getrennte Erstaufnahmeeinrichtungen nach Herkunft keine Option. „Das ist eine unangemessene Vorverurteilung“, erklärte ihr Sprecher Bernd Schneider. „Es gibt auch Verfolgung in den Ländern, die zu den sicheren Herkunftsländern gezählt werden.“ Diese Menschen hätten einen Anspruch auf Gleichbehandlung. Auch gehe die Zahl der Flüchtlinge aus den Balkanländern zurück. „Der Effekt wäre bei weitem nicht so hoch, wie die CDU es sich vorstellt“.

Was die CDU vorhabe, sei „ein Rückgriff auf die 1990er-Jahre“, so Schneider. Zwischen guten und schlechten Flüchtlingen zu unterscheiden, sei damals „ein Kernfehler“ gewesen und hätte zur Verschärfung der Debatte beigetragen. jpb

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