Hannover unterliegt Spitzenreiter Dortmund 2:4: Ein treuer Zuarbeiter namens Felipe

Hannover 96 zeigte gegen Dortmund die beste Saisonleistung. Dass es trotzdem 2:4 endete, lag daran, dass der Innenverteidiger einen schwarzen Tag hatte.

Dass er Felipe nicht den Kopf abreißen wollte, ließ Ron-Robert Zieler im Spiel nicht erahnen Foto: Peter Steffen/dpa Foto: Peter Steffen/dpa

HANNOVER taz| Mit der nötigen Distanz betrachtet muss das alles ein schöner Hingucker gewesen sein. Bundesweit ist an Deutschlands Fußball-Stammtischen jetzt gewiss: Dieser Felipe von Hannover 96 ist kein Mann für halbe Sachen. Einen Elfmeter hat er mit dem Fuß verursacht, einen weiteren mit der Hand. Zwischendurch erzielte der Brasilianer sogar noch ein Eigentor – per Lupfer im Sitzen. Seine geballte Slapsticknummer hat Borussia Dortmund den Weg zu einem 4:2 (2:1)-Erfolg in Hannover geebnet.

Was von weitem bestimmt lustig aussah, fühlt sich vor Ort gar nicht so gut an. Denn Hannover 96 empfiehlt sich immer mehr für einen Platz am Tabellenende der Bundesliga. Und Felipe, seit Jahren mehr Reservist als Hoffnungsträger, dürfte sich um seine große Chance gebracht haben, in der Startelf der Niedersachsen dauerhaft Berücksichtigung zu finden.

Wie geht man eigentlich mit einem Arbeitskollegen um, der das Tageswerk einer ganzen Abteilung versemmelt? Die Mehrheit der Teamkollegen von Felipe hat es mit einfühlsamen und tröstenden Worten versucht. Torhüter Ron-Robert Zieler versicherte, dass man dem Unglücksraben mit der imposanten Frisur jetzt sicher nicht den Kopf abreißen wird. Der stets so beherrschte und eher ernste Torhüter soll dabei sogar gegrinst haben. Galgenhumor, denn Hannover 96 hatte die beste Leistung in einer bisher schlechten Saison gezeigt. Sie hatten dank eines Treffers von Artur Sobiech mit 1:0 geführt. Und weil der Pole sogar noch das zwischenzeitliche 2:2 erzielte, durften die Niedersachsen unter den 49.000 Zuschauern mehrfach von einer Überraschung gegen den Tabellenführer träumen. Aber Dortmund hatte in Pierre-Emerick Aubameyang einen sicheren Elfmeterschützen, der zweimal erfolgreich war. Mit Henrikh Mkhitaryan stand ein Kunstschütze bereit, der ein sehenswertes Tor beisteuerte. Und dann war da ja noch dieser äußerst treue Zuarbeiter namens Felipe, der in der 67. Minute zum 2:3 ins eigene Tor traf.

Für Außenstehende dürfte das alles schwer nachvollziehbar sein, was Felipe da innerhalb kürzester Zeit widerfahren ist. Der 28-Jährige ist zwar Berufsfußballer, darf aber nur noch gelegentlich bei Hannover 96 mitwirken. Seit seinem Wechsel von Standard Lüttich zu den Niedersachsen im Sommer 2012 hat er es auf gerade einmal 16 Bundesliga-Einsätze gebracht. Verletzt, geschont, strafversetzt, wieder verletzt – und plötzlich gebraucht: Dass Felipe ausgerechnet gegen Dortmund endlich von Beginn an mitspielen durfte, hatte der Innenverteidiger denkbar spät erfahren. Weil sich 96-Kapitän Christian Schulz wegen Schmerzen im Rückenbereich nicht fit genug fühlte, musste das Heimteam kurzfristig umgebaut werden. Für Felipe war das die große Chance, sich zu empfehlen. Das Vorhaben endete als persönliches Fiasko: „Ich weiß aus eigener Erfahrung: Solche Tage sind möglich“, sagte Hannovers Trainer Michael Frontzeck.

„Ich weiß aus eigener Erfahrung: Solche Tage sind möglich“ Hannovers Trainer Michael Frontzeck zum Auftritt seines Innenverteidigers Felipe

Bisher klappt die Aufgabenteilung bei Hannover 96 recht gut. Frontzeck hält seine schützende Hand über eine Mannschaft, die in dieser Saison noch nicht funktionieren will und mit der mageren Ausbeute von einem Punkt aus vier Partien die Zukunft des Trainers gefährdet. Bei der Heimpleite gegen Dortmund wiederum ist es Felipe mit seinen Patzern gelungen, von Frontzecks misslicher Lage für kurze Zeit abzulenken. Doch die Lage ist ernst und wird allmählich schon fast hoffnungslos.

„Meine Mannschaft hat alles auf dem Platz gelassen, was in ihren Möglichkeiten war“, sagte Frontzeck über einen Auftritt mit unfreiwillig hohem Unterhaltungswert. Der Trainer war am Ende so freundlich, dem schlechtesten Spieler auf dem Feld Mut zuzusprechen. Frontzeck will Felipe auch künftig wieder in der Innenverteidigung einsetzen. Das klingt aus nächster Nähe betrachtet sehr freundlich. Aber mit kritischem Blick auf die Lage in Hannover erscheint es recht unwahrscheinlich, dass Felipe in naher Zukunft kein Reservist mehr ist.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.