Ziemlich halbherziger Protest

Kommentar

von Alke Wierth

Streit um die Abschiebung von Schulkindern

Bahnt sich da ein Koalitionsstreit an? „Inakzeptabel“ und „pädagogisch eine Katastrophe“ nannten Michael Müller, Regierender Bürgermeister, und Sandra Scheeres, Schulsenatorin, beide SPD, die Praxis ihres CDU-Kollegen Innensenator Frank Henkel, Flüchtlingskinder sogar aus Schulklassen zu holen, um sie abzuschieben.

Doch was auf den ersten Blick nach Ärger aussieht, entpuppt sich als ziemlich halbherziger Protest: Es sei „richtig, dass Menschen, die hier keine Perspektive haben, abgeschoben werden“, sagt Müller nämlich auch. Und äußert gar Verständnis, dass Henkel dabei auch „mal ein ­Exempel statuiere“. Wenn Müller und Scheeres also von einer pädagogischen Katastrophe sprechen, meinen sie wohl weniger die Folgen für die Abgeschobenen. Vielmehr sorgen sie sich um die verbliebenen Kinder etwa in Willkommensklassen, die bei solchen Polizeieinsätzen vor Augen geführt bekommen, was auch ihnen blühen kann.

Unsichtbar abschieben

Müller und Scheres plädieren also nicht für ein Ende solcher sogenannten Direktabschiebungen, bei denen Menschen direkt von dort, wo sie sich gerade befinden, und allein mit dem, was sie am Leib haben, in ihr Herkunftsland verbracht werden. Der Anteil dieser Abschiebungen hat sich unter Innensenator Henkel übrigens seit 2011 von unter 2 Prozent auf 77 Prozent im Jahr 2014 erhöht.

Die SPD will nur vermeiden, dass diese vor Kinderaugen geschehen. Das ist sicher gut gemeint. Für die Betroffenen werden Direktabschiebungen aber nicht besser, wenn sie verborgen vor der Öffentlichkeit geschehen.

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