: Vielseitiges Ehrenamt
FREIWILLIGENDIENST Das Diakonische Werk Hamburg bietet Freiwilligendienste mit besonderen Schwerpunkt-Programmen sowohl für Jugendliche als auch für Erwachsene an. Neu ist ein Freiwilliges Soziales Jahr speziell für Flüchtlinge
von Jördis Früchtenicht
Im August haben 270 junge Menschen ihren Freiwilligendienst bei der Diakonie Hamburg begonnen, etwa in Krankenhäusern, Kindergärten oder Einrichtungen der Behindertenhilfe. Im September und Oktober folgen noch einmal 250 Freiwillige. Die Diakonie bietet in Hamburg die meisten Plätze im Rahmen des Freiwilligen Sozialen Jahres (FSJ) und des Bundesfreiwilligendienstes (BFD) an.
„Die Einsatzplätze decken das ganze Spektrum der sozialen Arbeit ab“, sagt Alexandra Hachmeister vom Diakonischen Werk Hamburg. Und während das FSJ nur von Jugendlichen und jungen Erwachsenen bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres gemacht werden kann, gibt es beim BFD keine Altersbeschränkung nach oben.
Die Dauer des Freiwilligeneinsatzes beträgt zwischen sechs und 18 Monaten, in der Regel sind es zwölf Monate. Bei allen Diensten ist eine pädagogische Betreuung vorgesehen. So gibt es etwa beim FSJ 25 Seminartage mit verschiedenen Themenschwerpunkten. Zu Beginn des FSJs gebe es zwei fachspezifische Seminartage, etwa zu Behinderung und Gesellschaft, erklärt Hachmeister. Im weiteren Verlauf würden dann politische, interkulturelle oder arbeitsweltbezogene Themen besprochen.
Der BFD im Jugendbereich unterscheidet sich nur darin vom FSJ, dass fünf Seminartage zur politischen Bildung in Bildungseinrichtungen des Bundes absolviert werden, beim FSJ werden alle Seminare vom Träger gestaltet.
Für die über 27-Jährigen gibt es etwas veränderte Rahmenbedingungen. Während der Freiwilligendienst im Jugendbereich in Vollzeit erbracht wird, kann man den „BFD Ü-27“ auch in Teilzeit absolvieren. Außerdem ist ein Einstieg nur quartalsweise und nicht monatlich möglich.
Den BFD Ü-27 würden vor allem Menschen um die 30, die sich beruflich umorientieren wollen, Rentner und Langzeitarbeitslose machen, sagt Hachmeister. Letzteren biete sich über den BFD die Gelegenheit, wieder in Berufsalltag zu kommen. Zudem stärke das Ziel, den Dienst zu absolvieren, ihr Selbstvertrauen.
Finanziert werden die Freiwilligendienste durch Bundesförderung sowie Eigenmittel der Einrichtungen und Träger. So bekommen die Freiwilligen ein Taschengeld sowie einen Fahrtkosten- oder Unterkunftszuschuss und sind sozialversichert. Außerdem bleibt der Anspruch auf Kindergeld erhalten.
Das Diakonische Werk Hamburg hat im FSJ verschiedene Schwerpunkt-Programme entwickelt. So gibt es das „FSJ 4 Girls“, das besonders junge Frauen mit Migrationsgeschichte eine Möglichkeit ansprechen soll – doch auch Frauen ohne Migrationshintergrund nehmen teil. Sie bilden bei den Seminaren eine interkulturelle Gruppe.
Eine andere Zielgruppe hat das „FSJ 4 You“. Hier bekommen benachteiligte Jugendliche ab 15 Jahren eine engere pädagogische Begleitung. So gibt es neben dem FSJ ein Job-Coaching sowie ein zweiwöchiges Betriebspraktikum und fünf zusätzliche Seminartage. „Die Freiwilligen sollen ihr FSJ durchhalten und mit dem Programm den Einstieg ins Arbeitsleben schaffen“, erklärt Hachmeister. Das Projekt komme sehr gut an.
Ein weiteres Angebot ist das „FSJ 4 Care“, bei dem während des Freiwilligendienstes eine Qualifikation zur Betreuungskraft in der stationären Altenpflege oder Tagespflege absolviert wird. Das Programm biete den Teilnehmenden einen niedrigschwelligen Einstieg in die Altenpflege, so Hachmeister.
Neu in diesem Jahr ist das „FSJ to get in“ für Flüchtlinge: Hier können bis zu 15 junge Menschen mit Fluchthintergrund teilnehmen. Voraussetzung ist, dass sie bereits Grundkenntnisse der deutschen Sprache haben. Das FSJ soll so als Einstieg in Gesellschaft und Kultur genutzt werden.
Freiwilligendienste gibt es aber auch in der Kultur, im Sport oder im Umweltschutz. Zudem ist ein Freiwilligeneinsatz nicht auf Staatsgrenzen beschränkt, zahlreiche Programme fördern Einsätze im Ausland.
Ein Angebot ist „weltwärts“, der entwicklungspolitische Freiwilligendienst des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. An dem Programm können Menschen im Alter von 18 bis 28 teilnehmen, die Abitur, eine abgeschlossene Berufsausbildung oder eine vergleichbare Eignung – etwa ein absolviertes FSJ – haben. „Weltwärts ist ein Programm für junge Menschen, die die Komfortzone mal verlassen wollen und Lust haben, sich zu fragen, warum Armut und Reichtum so ungleich verteilt sind“, sagt Daniela Heblik von der Koordinierungsstelle „weltwärts“.
Meist sind die Einsatzplätze auf zwölf Monate ausgelegt. „Damit ein Freiwilligendienst gelingen kann, muss man länger vor Ort sein. Nur so kann man genug verstehen, um das Projekt, in dem man arbeitet, zu unterstützen“, meint Heblik.
Neben „weltwärts“ gibt es zahlreiche weitere Möglichkeiten, einen Freiwilligendienst im Ausland zu machen – etwa den Europäischen Freiwilligendienst oder den Internationalen Jugendfreiwilligendienst. Je nach Freiwilligendienst variiert der Arbeitsbereich, in dem es Einsatzplätze gibt.
Einen kulturpolitischen Fokus hat das vom Auswärtigen Amt geförderte Programm „kulturweit“. Der Dienst dauert sechs oder zwölf Monate und hat eine Altersbegrenzung von 18 bis 26 Jahren. Auch dort werden alle Freiwilligen finanziell unterstützt und in Seminaren betreut.
„Kulturweit“ fungiert selbst als Entsendeorganisation, die deutsche UNESCO-Kommission koordiniert den Freiwilligendienst. Bewerbungsrunden finden zwei Mal im Jahr, im April und November, statt. Einsatzplätze gibt es in Kultur- und Bildungseinrichtungen in 50 Staaten, etwa in Argentinien, Jamaica, Kenia oder Rumänien. „Das ist kein Urlaub“, sagt Projektkoordinator Peter Martin. „Die Freiwilligen werden in ein neues Arbeitsumfeld geworfen und sammeln Praxiserfahrung.“
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