: „Verfahren dauern zu lange“
Die drei Fragezeichen
Was? Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) will das Asylrecht ändern: Flüchtlinge sollen in Erstaufnahmelagern bleiben, bis ihr Asylantrag bearbeitet ist. Bisher werden sie nach drei Monaten auf die Kommunen verteilt.
1taz: Innenminister de Maizière (CDU) findet Woidkes Vorschlag gut. Und die Grünen?
Luise Amtsberg: Wir lehnen einen längeren Verbleib in Erstaufnahmeunterkünften aus menschenrechtlichen Erwägungen ab. In den großen Lagern leben so viele Menschen auf einem Fleck, dass ihnen keine Privatsphäre bleibt. Integration in die deutsche Gesellschaft ist dort nicht möglich. Kinderbetreuung und Schulbesuche können kaum organisiert werden. Drei Monate sind in solchen Verhältnissen zumutbar, mehr nicht.
2Viele Kommunen sind aber mit der Unterbringung überfordert. Würden sie sich über eine Entlastung nicht freuen?
Doch, aber Woidkes Vorschlag geht am eigentlichen Problem vorbei: Die Asylverfahren dauern zu lange. Das liegt unter anderem daran, dass das Personal viel zu spät aufgestockt wurde. Außerdem könnte man einige Aufgaben des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge kritisch hinterfragen und dadurch den Bearbeitungsstau angehen.
3Würde der grüne Ministerpräsident Kretschmann im Bundesrat gegen Woidkes Initiative stimmen?
Ich kann nicht für Winfried Kretschmann sprechen. Er hat aber kürzlich vorgeschlagen, pensionierte Beamte zu reaktivieren, um Asylanträge abzuarbeiten. Das zeigt offensichtlich, dass er das bestehende System verbessern will und andere Wege sucht als Herr Woidke.
Interview: Tobias Schulze
Luise Amtsberg, 30, sitzt seit 2013 im Bundestag und ist flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünenfraktion.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen