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Alte Schuhe für 70.000 Euro

Kunst Anleger geben immer mehr Geld für Bilder und andere Kunstwerke aus. Handelt es sich dabei um sichere Investitionen – oder entsteht hier eine neue Blase?

Aus London Daniel Zylbersztajn

Old Bromton Road, Südkensington: Ein Lamborghini röhrt hinter einem Doppeldeckerbus. Vor den Cafés sitzen Menschen in teuren Klamotten, auch ein paar Touristen schauen gern mal in die Ausstellungsräume des Auktionshauses Christie’s, das in einem viktorianischen Wohnbau aus karminrotem Ziegel residiert.

Hier finden sich die nicht so teuren Objekte. Exquisiteres gibt es in den Ausstellungsräumen in der King Street oder in New York – allerdings nicht für jeden zu sehen. Denn dort geht es um das ganz große Geld. Im Frühjahr verbuchte Christie’s mit 179 Millionen US-Dollar die höchste Summe, die je für ein Bild gezahlt wurde. Es war Picassos „Les Femmes d’Alger“.

Aber auch andere Künstler erzielten zuletzt Spitzenpreise. Andy Warhols Bilder etwa haben binnen zehn Jahren 500 Prozent an Wert gewonnen. Anleger, die nicht wissen, wohin mit ihrem Geld, drängen nun mit Begeisterung in die Auktionshäuser. Allein 2014 ersteigerten sie Kunst im Wert von 16 Milliarden Dollar. Experten des Christie’s-Konkurrenten Sotheby’s sprechen von einem „sehr aufgeheizten, wenn nicht überhitzten Markt“.

taz-Serie: Blasen

Platzt die Blase, ist das Gesicht klebrig – Kaugummiblasen kennt jeder. Aber nicht immer endet es so glimpflich. Das Platzen einer Blase kann Existenzen vernichten, etwa bei einem Börsencrash. Grund genug für die taz, sich dem Phänomen der Blasen in einer ­Serie zu widmen. Heute: die Kunst-Blase

Im preiswerteren Segment in der Old Bromton Road darf jeder in die Ausstellungsräume. Eine Frau in Sportschuhen betrachtet einige der Kunstwerke und stellt Fragen an das Personal. In einer anderen Ecke diskutiert ein Vater mit seinen Kindern ein Bild. In einer Vitrine am Eingang stehen abgelaufene braune Sportschuhe. Sie tragen wie jedes Objekt bei Christie’s ein kleines Schild mit Erläuterungen. „1954 wurde mit diesen Schuhen der Viermeilenrekord gebrochen“, steht da. Der geschätzte Auktionspreis auf dem Zettel: 40.000 bis 70.000 Euro. „Shoot to Kill“, das moderne Schwarzweißporträt Barack Obamas von Joe Black, das aus kleinen Plastiksoldaten besteht, soll 20.000 bis 30.000 Euro kosten. Ein gelbes McDonald’s-Neon-M gibt es hingegen bereits ab 1.200 Euro. Solche Kultur- und Kunstobjekte sind heutzutage beliebter als Gemälde aus dem 19. und 20. Jahrhundert. Doch auch diese lassen sich hier finden. Bei manchen liegt der Schätzwert mit 2.000 Euro relativ niedrig.

Lohnt sich das Einkaufen hier auch für weniger Begüterte als reine Investition? Richard Joslin, der seit 30 Jahren mit Kunst handelt, kommt regelmäßig bei Christie’s vorbei und bestätigt: „Diese Bilder sind nicht mehr so viel wert wie früher. Der Geschmack hat sich geändert – teuer ist, was en vogue ist.“ Wer in Kunst investieren wolle, müsse sich damit befassen, zu Ausstellungen pilgern, Kataloge prüfen, rät Joslin. „Was man auf Kunstmärkten findet, ist größtenteils Schrott“, warnt er. Kunst als Investition gibt es laut Joslin nur im obersten Klassenbereich, mit „den besten Werken, der besten Künstler“.

Der Geschäftsführer für Christie’s Europageschäft, Dirk Bull, insistiert hingegen: „Kunst lohnt sich unbedingt.“ Am obersten Ende könnten die Stücke nach Ankauf auch an Galerien und Museen verliehen werden, erklärt er. Doch auch die weniger teuren Kunstwerke bekannter Künstler geben nach Bulls Meinung Sicherheit – trotz geringer Rendite. Bei manchen, wie beispielsweise den Zeichnungen und Plastiken Picassos, könnte es sich aber auf einmal genauso entwickeln wie mit den Gemälden, glaubt er.

„Was man auf Kunstmärkten findet, ist größtenteils Schrott“

Richard Joslin, Kunsthändler

Kunstexpertin Alina Kudina-Lundstrom glaubt hingegen, dass auch im Elitemarktbereich „die Blase platzten könnte“ – mit Preissenkungen von bis 10 bis 15 Prozent. Doch „die Party“ werde, so ihre Erwartung, bald weitergehen mit neuem Reichtum, etwa aus Asien. Die Kunstberaterin Constanze Kubern bestätigt das: Nach dem Börsencrash im Jahr 2008 habe sich der Kunstmarkt schneller als andere Investitionsbereiche erholt. Kunst habe sich als Investition bewährt, auch wenn man vorsichtig sein müsse.

Kubern bezeichnet den Kunstmarkt als illiquide, unreguliert und für Außenseiter undurchsichtig. Um solche Risiken zu minimieren, sollen Interessierte durchaus ästhetischen Merkmalen folgen, aber danach sei Expertenberatung ein Muss, damit das Investitionsrisiko abgeschätzt werden könne.

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