Verschleppte Bauten

OPER Die Eröffnung des Opernquartiers in Köln verzögert sich um fast ein Jahr. Nachdem der Mietvertrag im blauen Musical-Dome nicht verlängert wurde, hat die Oper keine Spielstätte mehr

Es hätte ein Denkmal für das Engagement der Kölner Bürger werden sollen: das sanierte Opernquartier von Wilhelm Riphahn in der Kölner Innenstadt. Auf Druck aus der Kölner Bürgerschaft und der damaligen Theaterintendantin hatte der Kölner Stadtrat 2011 beschlossen, das Ensemble aus Schauspiel und Opernhaus komplett zu sanieren, anstatt das Theaterhaus durch einen Neubau zu ersetzen.

Am 7. November sollte das sanierte Haus mit einer Aufführung von „Benvenuto Cellini“ eröffnet werden. Vergangene Woche verkündete die Stadt Köln, dass die Eröffnung um fast ein Jahr auf die Spielzeit 2016/17 verschoben wird. Bei einem Vergleich der verschiedenen Arbeitsschritte habe man festgestellt, dass trotz mehr eingesetzter Bauarbeiter nicht schnell genug gearbeitet werde.

Eine „ganz, ganz große Enttäuschung“ sei die Verschiebung, erklärte Opernchefin Birgit Meyer. Er sei „frustriert“, sagte ihr Theaterkollege Stefan Bachmann und verbrachte den Rest der Pressekonferenz mit verschränkten Armen.

Bachmanns Schauspiel gastiert momentan im rechtsrheinischen Mülheim und wird so gut angenommen, dass Stimmen laut werden, dort eine ständige Dependance zu errichten. Die Kölner Oper steht allerdings nun ohne Spielstätte da, nachdem der Mietvertrag im blauen Musical-Dome am Kölner Hauptbahnhof nicht mehr verlängert werden kann.

Mindestens 8 Millionen Euro zusätzlich werden die Interimsspielstätten für die nächste Spielzeit kosten. Sie müssen zu den 275 Millionen Euro an bislang veranschlagten Kosten addiert werden.

Die Verschiebung der Eröffnung trifft auch die Kölner Politik. In sechs Wochen wird ein neuer Oberbürgermeister gewählt. SPD-Kandidat Jochen Ott hatte sich für den Neubau des Schauspiels eingesetzt. Seine Gegenkandidatin, die parteilose Sozialdezernentin Henriette Reker wird von Grünen, FDP und CDU unterstützt, die alle für eine Sanierung votierten.

Die CDU stellte mit Eberhard Rummel lange den Leiter der städtischen Gebäudewirtschaft, die die Sanierung des Opernquartiers durchführt. Er musste im Frühjahr 2014 sein Amt verlassen, nachdem klar war, dass er die jahrelange Misswirtschaft in seinem Amt verschleiert hatte. Die Kölner CDU hat ihn bis zuletzt verteidigt. Für Henriette Reker ist es schwer zu vermitteln, wie sie ihr Wahlversprechen einer größeren Transparenz in der Verwaltung mit dieser CDU umsetzen will. Also schweigt sie.

Aber auch die unmittelbar Beteiligten geben keine gute Figur ab. Kulturdezernentin Susanne Laugwitz-Aulbach soll nach Berichten von Kölner Lokalmedien Druck gemacht haben, das neue Haus auf jeden Fall im November zu eröffnen.

Und Petra Rinnenburger, die jetzige Leiterin der Gebäudewirtschaft, kann bislang nicht plausibel erklären, warum ihr die Schwierigkeiten so spät aufgefallen sind – die Kulturpolitiker aller Ratsfraktionen müssen sich nun fragen, wie sie diese trotz der regelmäßigen Berichte an Rat und Kulturausschuss übersehen konnten. Anstatt eines Zeichens für Bürgerengagement ist aus der Sanierung des Schauspiels nun etwas anderes geworden: ein weiteres Beispiel für Köln as usual.

Christian Werthschulte