: Wenn Obama übers Wetter redet
Widerstand Nicht jedem gefallen die ehrgeizigen Klimaziele des US-Präsidenten. Zahlreiche Bundesstaaten haben bereits Klagen angekündigt, Kohle-LobbyistInnen und RepublikanerInnen laufen Sturm
von Dorothea Hahn
Doch selbst im konservativen Lager ist die Opposition gegen den Klimaplan nicht einhellig. Im Bundesstaat Massachusetts, der längst eine Klimapolitik praktiziert, die weiter geht, als Obama sie jetzt auf nationaler Ebene vorschlägt, loben sowohl RepublikanerInnen als auch DemokratInnen das Vorhaben.
Der US-Präsident hat den Kongress von vornherein übergangen, indem er seinen Klimaplan als präsidentielle Durchführungsverordnung vorstellte. Das Vorgehen per Dekret macht Obamas Klimapolitik sowohl einfacher als auch fragiler. Seine Klimapolitik kann sofort in Kraft treten. Aber der Rechtsstreit dagegen kann Jahre dauern und bis zum Obersten Gericht gehen.
Und einE künftigeR PräsidentIn könnte sie – ebenfalls per Dekret – wieder zu Fall bringen.
Für Obama ist das Vorgehen per Dekret eine Lehre aus früheren Blockaden. Schon in seinem ersten Amtsjahr scheiterte ein umfassendes Klima-Gesetz im Kongress. Im Sommer 2009 stimmte zwar das Repräsentantenhaus einem Cap-and-[]Trade-Verfahren zu. Doch der Senat brachte das Gesetz zu Fall. Und die Kraftwerke der USA durften bis heute unbegrenzt CO2 in die Atmosphäre jagen. Inzwischen haben beide Kammern des Kongresses große republikanische Mehrheiten. Und in den entscheidenden Gremien sitzen PolitikerInnen, denen ihre Bibel sowie ihre finanzstarken UnterstützerInnen in Energiesektor wichtiger sind als praktische Erfahrungen und wissenschaftliche Erkenntnisse über den Klimawandel. Einer davon ist Jim Inhofe, Senator aus dem Ölstaat Oklahoma und Vorsitzender des Umweltkomitees im US-Senat. Im Februar brachte er einen Schneeball mit zum Rednerpult im Senat, um zu „beweisen“, dass es kalt ist und dass der Klimawandel eine Erfindung ist.
Während die „Klimaleugner“ in der republikanischen Partei in den Obama-Jahren an Terrain gewonnen haben, ist quer durch die USA das Bewusstsein für den Klimawandel gestiegen. Dafür sorgten vor allem Klima-Katastrophen. Das Land hat – unter anderem mit „Sandy“, der 2012 küstennahe Siedlungen in New York City zerstörte – einige der stärksten Hurrikane, einige der heißesten Sommer und einige der längsten Dürreperioden seiner Geschichte erlebt. Just während der Präsident am Montag seine Klimapolitik vorstellte, wüteten in dem von vier regenarmen Jahren ausgetrockneten Kalifornien 21 gigantische Waldbrände.
Zu den Erfahrungen der USA in den Obama-Jahren gehört auch, dass die Abkehr von der Kohle für den heimischen Energiegebrauch begonnen hat, bevor der Klimaplan existierte. Der Fracking-Boom hat die Gaspreise so radikal gesenkt, dass Energieerzeuger bei Modernisierungen ihrer Kraftwerke von Kohle auf Gas umstellten. Das hat dazu geführt, dass die CO2-Schadstoffemissionen schon in den zurückliegenden zehn Jahren um 15,4 Prozent gesunken sind.
Gleichzeitig nahm der aggressive Kohleabbau in den USA zu. Darunter auch mit der Methode des „Mountaintop Removal“, bei der bis zu 120 Meter Bergspitzen weggesprengt werden, um kostengünstig Zugang zu Kohle – vor allem in Kentucky, West Virginia, Virginia und Tennessee – zu bekommen.
Während der Kohlesektor Obamas Klimapolitik verhindern will, verlangen andere US-amerikanische Konzerne – von Apple bis zu General Motors, Coca-Cola und Goldman Sachs – danach. Sie wissen, dass die USA neue Technologien und deren Einsatz im eigenen Land brauchen, um international im Geschäft zu bleiben.
Auch traditionelle Obama-AnhängerInnen aus dem linken und dem umweltpolitischen Lager unterstützen die Klimapolitik des Präsidenten. Freilich geht er ihnen längst nicht weit genug. Unter anderem beklagen sie, dass Obama gleichzeitig die Arktis für Ölförderung öffnet. Und dass er immer noch kein Machtwort gegen die Keystone XL gesprochen hat, die schweres Rohöl aus dem Teersandabbau in Kanada in die Raffinerieen an der Golfküste bringen soll.
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