Kurdische Regierung im Nordirak: Verloren zwischen PKK und Ankara

Durch den Krieg gegen die PKK sehen die Kurden im Irak ihre Beziehungen zur Türkei gefährdet. Ein Albtraum für den Präsidenten im Nordirak.

Massud Barsani, Präsident der kurdischen Autonomieregion im Nordirak

Ist auf die Türkei angewiesen: Massud Barsani, Präsident der kurdischen Autonomieregion im Nordirak. Foto: dpa

ISTANBUL taz | „Wir fordern die PKK auf, den Nordirak zu verlassen. Sie gefährden das Leben der Menschen hier“, sagte Massud Barsani am Wochenende. Der Präsident der autonomen kurdischen Region im Nordirak gerät immer mehr zwischen die Fronten des Krieges von türkischer Armee und der PKK. Erstmals appellierte er deshalb öffentlich an die kurdische Guerilla aus der Türkei, nicht länger das Leben irakischer Kurden aufs Spiel zu setzen.

Anlass dazu war die bislang schwerste Angriffswelle der türkischen Luftwaffe auf Camps, Waffenlager und Munitionsverstecke der PKK im Nordirak. Mehr als 80 Kampfjets bombardierten in mehreren Wellen Ziele im Nachbarland. Erstmals wurden dabei auch kurdische Zivilisten getötet.

Nach Angaben der irakischen Autonomiebehörde trafen Bomben das Dorf Zergele und töteten acht Menschen. Während das türkische Oberkommando bestritt, kurdische Dörfer zu bombardieren, kündigte das türkische Außenministerium eine Untersuchung an. Es könne sein, dass die PKK Zivilisten als Schutzschilde missbrauche, hieß es in Ankara.

Durch die Bombardierungen gerät nun die kurdische Autonomieregierung von Barsani immer mehr unter Druck. In den letzten Jahren war es Barsani gelungen, gute Beziehungen zur türkischen Regierung aufzubauen, obwohl die PKK den Nordirak in großem Umfang als Rückzugsgebiet nutzt. Dabei ist das Land auf die Türkei angewiesen. Lebensmittel, Baumaterial und selbst Benzin – alles über die Türkei eingeführt. Türkische Firmen sind stark präsent. Im Gegenzug liefert Barsani billiges Rohöl.

Doch seit knapp 20 Jahren sitzt die politische und militärische Führung der kurdisch-türkischen PKK in den nordirakischen Kandilbergen. Schon früher hatte die türkische Armee deshalb grenzüberschreitende Operationen durchgeführt, seit Beginn des Waffenstillstands vor drei Jahren galt die Präsenz der PKK im Nordirak aber nicht mehr als Problem.

Obwohl Barsani mit der PKK um die Führung der Kurden konkurriert, wäre es für ihn politisch unmöglich, direkt gegen die PKK vorzugehen, da die sich auch im Nordirak durchaus Sympathien sichern konnte.

Hilflos zwischen den Kampfparteien

Dazu kommt, dass seit über einem Jahr PKK-Verbände gemeinsam mit irakischen Peschmerga-Truppen gegen den IS kämpfen. Im Raum Kirkuk und am Sindschar-Gebirge war es die PKK, die die nordirakischen Kurden davor bewahrte, vom IS überrannt zu werden. Die jetzt wieder ausgebrochenen Kämpfe zwischen der PKK und der türkischen Armee sind deshalb ein Albtraum für Barsani.

Der kurdische Präsident sitzt hilflos zwischen den beiden Kampfparteien. Zumindest bis zu den voraussichtlichen Neuwahlen in der Türkei im Herbst will die türkische Übergangsregierung von Premier Davutoğlu die Militärkampagne gegen die PKK fortsetzen.

Und da die PKK gar nicht daran denkt, sich aus dem Nordirak zurückzuziehen, wird es wohl noch viele zivile Opfer in den kommenden Wochen geben.

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