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„Das ist Repression“

Flüchtlinge Der CDU-Abgeordnete Uwe Schummer fordert, dass Kommunen ausländerfeindliche Demos vor Sammelunterkünften verbieten

Foto: Dt. Bundestag
Uwe Schummer

geboren 1957 in Adelaide, Australien, ist stellvertretender Vorsitzender der Arbeitnehmergruppe der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Seit Januar 2014 ist Schummer Beauftragter der Unionsfraktion für Menschen mit Behinderungen.

taz: Herr Schummer, Sie fordern, dass fremdenfeindliche Demonstrationen vor Flüchtlingsheimen nicht genehmigt werden dürfen. Sie wollen also im Klartext eine Einschränkung der Versammlungsfreiheit?

Uwe Schummer: Das würde ich nie fordern. Ich bin ein großer Verfechter der Versammlungsfreiheit. Aber wenn eine Versammlung mit ausländerfeindlichen Inhalten direkt vor einem Flüchtlingsheim stattfindet, dann will man Druck auf die Flüchtlinge ausüben. Die sollen abhauen. Das ist das Gegenteil von politischer Willensäußerung, das ist Repression.

Solche Kundgebungen zu verbieten, hieße aber das grundgesetzliche Recht auf Versammlungsfreiheit einzuschränken, oder?

Das ist eine Güterabwägung. Das eine Gut ist die Versammlungsfreiheit, das andere ist Artikel 1 des Grundgesetzes: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Flüchtlinge, die besonders hilfebedürftig sind, in dieser Weise unter Druck zu setzen, ist nicht der Sinn von Versammlungsfreiheit, wo es in erster Linie um politische Willensbekundungen geht und darum, politisch etwas zu verändern.

Aber die Nein-zum-Heim-Demonstranten wollen in der Regel auch etwas politisch verändern.

Das können sie auf Marktplätzen und vor Rathäusern demonstrieren. Aber wer sich mit ausländerfeindlichen Inhalten direkt vor Flüchtlingsheimen versammelt, der will Angst und Schrecken verbreiten. Es geht nicht darum, Demonstrationen zu verbieten, sondern um den Ort der Demonstration.

Sollte es eine Bannmeile um Heime geben, wie sie die Gewerkschaft der Polizei vorschlägt?

Das muss nicht sein. Man muss nur Artikel 1 der Verfassung ernst nehmen. Deshalb geht mein Appell in allererster Linie an die Kommunen, die Verfassungsabwägungen so zu treffen, dass Versammlungen mit aggressiven Inhalten gegen Ausländer vor Flüchtlingsheimen nicht genehmigt werden.

Das heißt, Sie wollen jeweils eine Einzelfallentscheidung und kein generelles Versammlungsverbot vor Flüchtlingsunterkünften?

Ja natürlich. Es soll ja nicht so sein, dass vor Flüchtlingsheimen gar keine Versammlungen mehr stattfinden. Es geht nur um Aktionen mit offenkundig ausländerfeindlichem Inhalt, wo ich appelliere, dass man sehr sensibel eine Güterabwägung vornimmt. Und das kann jeder Bürgermeister tun.

Was bringt das denn? Die Heim-Gegner versammeln sich dann eben woanders.

Aktionen solcher vagabundierenden Gruppen, die gezielt dorthin reisen, wo Flüchtlingsheime geplant sind, wie diese Initiative „Kein Asylantenheim in meiner Nachbarschaft“, würden unterbunden. Dazu muss man das Recht nicht weiterentwickeln, sondern einfach sorgfältig die Verfassung lesen.

Bannmeile oder Verbot

Die Initiative #HeimeOhneHass fordert die Innenminister der Länder in einer Online-Peti­tion auf, Hassdemos unmittelbar vor Flüchtlingsheimen zu untersagen. Unterschrieben haben bisher 53.000 Unterstützer.

Der Chef der Gewerkschaft der Polizei, Rainer Wendt, hat eine „Bannmeile um Flüchtlingsunterkünfte“ gefordert.

Die Innenminister von Berlin, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen widersprechen Bannmeilen oder Verboten.

Ihr Parteifreund, der Berliner Innenminister Frank Henkel, würde Ihnen widersprechen. Er meint, „Angstkampagnen von Rechtsextremisten dürfen nicht dazu führen, dass wir zu weniger Demokratie kommen.“

Dann muss man eben vor dem Bundesverfassungsgericht klären, welches Gut mehr wiegt: die Versammlungfsreiheit oder die Menschenwürde.

Wären Sie bereit, vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen?

Nein. Aber für mich ist die Rechtslage eindeutig. Artikel 1 hat immer Vorrang. Ich halte Kundgebungen für verfassungswidrig, die dazu dienen, besonders schutzbedürftige Menschen, die vielleicht nicht einmal Deutsch können, die vor Bomben und Terror geflüchtet sind, unter Druck zu setzen.

Interview: Anna Lehmann

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