Alternative zur Alternative

NEUGRÜNDUNG Der einstige AfD-Chef Bernd Lucke gründet eine neue Partei: Allianz für Fortschritt und Aufbruch. Aber gelingt ihm mit ALFA der Sprung aus der Nische?

ALFA-Partei: vorn Ulrike Trebesius, Geschäftsführerin. Hinten Bernd Lucke, Chef Foto: Uwe Zucchi/dpa

von Ulrich Schulte

BERLIN taz | In dem Filmklassiker „Das Leben des Brian“ kämpft die Volksfront von Judäa (VVJ) engagiert gegen das imperialistische Regime der Römer. Also, mehr als die Römer hassen die vier VVJ-Mitglieder eigentlich nur die Judäische Volksfront. „Diese verfluchten Judäische Volksfront-Mistkerle“, hetzen die Möchtegern-Revolutionäre. „Spalter!“ Ganz zu schweigen von der Populären Front, die sich einst von der Volksfront abgespalten … Aber das würde zu weit führen.

Selbstverständlich soll keineswegs behauptet werden, seriöse Politik hätte etwas mit den britischen Komiker von Monty Python zu tun. Aber ganz abwegig ist dieser Gedanke nicht. Jedenfalls gibt es seit Sonntag eine neue Partei in Deutschland. Bernd Lucke, der Erfinder der AfD, hat eine Alternative zur Alternative für Deutschland gegründet. Sie heißt Allianz für Fortschritt und Aufbruch, kurz: ALFA, und ist eine Abspaltung von der AfD. 5.000 Menschen sollen bereits Interesse an einer Mitgliedschaft angemeldet haben. „Es wird sie nicht überraschen, dass ich zum Vorsitzenden gewählt worden bin“, sagte Lucke nach der Gründung in Kassel vor Journalisten.

Während das Internet überquillt vor Witzchen über Alpha-Tiere, Beta-Versionen und Automarken, konzentrieren wir uns als seriöse Zeitung lieber auf die harten Fakten: ALFA ist Luckes Reaktion auf den verlorenen Machtkampf in der AfD. Er und viele Mitstreiter hatten sich in dem Verein „Weckruf 2015“ versammelt, weil sie den Rechtskurs der neuen AfD-Chefin Frauke Petry nicht mittragen wollten. Der Weckruf soll nun in ALFA aufgehen, kündigen ihre Spitzenleute an. „Ich sehe eine gute Chance, dass wir bei der Bundestagswahl 2017 über die 5-Prozent-Hürde kommen“, sagte ALFA-Vizechef Bernd Kölmel am Montag der taz. „Die Vertreter klassischer Parteien reden uns gerade schlecht, aber das müssen sie ja auch pflichtgemäß tun.“ Auch bei den Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg werde man antreten.

Inhaltlich verorten Lucke und seine UnterstützerInnen die Partei liberal, marktorientiert und konservativ. Dem auf dem Gründungsparteitag beschlossenen Programm sind sechs Punkte vorangestellt. Der erste lautet: Streitkultur. „Gute Politik fängt mit gutem Benehmen an“, schreiben die ALFA-Gründer. Sie haben offensichtlich Lehren gezogen aus den monatelangen Intrigen in der AfD, in denen sich Mitglieder aufs Schmutzigste bekämpften. Die Punkte Rechtsstaat und Westbindung machen klar, wie Lucke die Partei verorten will.

Die ALFA-Leute wollen 2017 in den Bundestag einziehen

Die strikte Orientierung an Rechtsstaatlichkeit zielt einerseits auf die Europapolitik. Von manchen Staaten würden Verträge wie die Vereinbarung von Maastricht verletzt, argumentieren die ALFA-Gründer. Gleichzeitig muss man den Punkt aber auch als Absage an rechtspopulistische Strömungen in der AfD verstehen, die es mit der Rechtslage nicht so genau nehmen. Das Bekenntnis zur Nato und zur transatlantischen Sicherheitsarchitektur stoppt naive Russlandversteher, die es in der AfD ebenfalls gibt.

Vor allem aber soll ALFA eine Wirtschaftspartei sein: „ALFA ist technologie- und fortschrittsfreundlich“, sagte Kölmel. „Gerade ist ja in Mode, Windräder gut zu finden, aber gegen Stromtrassen vor der eigenen Haustür zu sein. Diese Haltung finden wir falsch.“ Damit wäre ungefähr klar, wer für die ALFA die verhassten Römer sind – sämtliche Parteien im Bundestag. Sie setzt sich vom Europakurs der Union ab, aber auch von linkem Technikskeptizismus. Wobei die Hauptfeindin die AfD bleibt.

Gerade arbeiten Lucke und Co an einer Liste mit Leuten, die nicht Mitglied bei ALFA werden dürfen. Kölmel begründet das so: „Wir haben in der AfD Querulanten kennengelernt, mit denen sich Politik nicht gestalten lässt.“