: Touristenabgabe im Fluss
FINANZEN Dank der City Tax zahlen Touristen Geld in den gebeutelten Landeshaushalt ein. Doch die Steuer ist rechtlich umstritten. Am Mittwoch wird über ähnliche Abgaben in Hamburg und Bremen entschieden
von Antje Lang-Lendorff
Wenn am Mittwoch die Ferien beginnen, verschwinden zahlreiche Berliner aus der Stadt. Umso mehr prägen dann Touristen das Bild: Sie bevölkern Radwege, schippern über die Spree, sitzen in Parks und Cafés. Und lassen ziemlich viel Geld in Berlin, auch dank der seit Anfang letzten Jahres geltenden City Tax: Nacht für Nacht zahlen sie fünf Prozent des Hotelpreises in die Landeskasse. 2014 waren das immerhin 29,1 Millionen Euro, für 2015 rechnet der Senat angesichts der steigenden Besucherzahlen mit Einnahmen von 35 Millionen Euro.
Vorausgesetzt, die Bettensteuer hat vor Gericht Bestand. Stellvertretend für die Branche hatte das Hotel Westin Grand gegen die Berliner Regelung Klage eingereicht. Zur Verhandlung am Finanzgericht kommt es voraussichtlich Ende des Jahres. Doch schon an diesem Mittwoch fällt eine Entscheidung, die für den Berliner Rechtsstreit Signalwirkung haben könnte: Dann urteilt der Bundesfinanzhof über die Tourismusabgaben in Bremen und Hamburg.
„Wir werden die Urteilsfindung aufmerksam verfolgen“, sagte am Sonntag die Sprecherin der Finanzverwaltung, Eva Henkel, gegenüber der taz. Weil es sich bei Bremen und Hamburg um Stadtstaaten handele, sei die Vergleichbarkeit mit Berlin eher gegeben als bei einer klassischen Kommune. Jutta Matuschek, wirtschaftspolitische Sprecherin der Linkspartei, sagte: „Das hat keine unmittelbare Wirkung auf die Berliner City Tax, aber die Entscheidung wird zur Meinungsbildung des Finanzgerichts beitragen.“
Geld zurück
Nach Zählung des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga müssen Touristen bundesweit in 18 Kommunen eine Bettensteuer entrichten. Vorreiter war die Stadt Köln, die 2010 eine Kulturförderabgabe beschloss. Auch Trier und Bingen wollten die Besucher zur Kasse bitten. Allerdings erklärte das Bundesverwaltungsgericht 2012 diese Regelungen für unwirksam, weil sie nicht zwischen privaten und beruflich bedingten Übernachtungen unterschieden. Wo schon abkassiert worden war, musste das Geld zurück gezahlt werden. Diesen Fehler wollte man in Berlin nicht machen: Geschäftsreisende sind von der City Tax, die im Januar 2014 in Kraft trat, ausgenommen.
Sie heißen Übernachtungssteuer, Kulturtaxe oder City Tax: Mit Bettensteuern bessern immer mehr Städte ihre Kassen auf.
Berlin und Kölnverlangen 5 Prozent des Bruttoübernachtungspreises.
Hamburg hat eine gestaffelte Steuer: 50 Cent bei Nettoübernachtungspreis bis 25 Euro, 4 Euro bei bis zu 200 Euro Zimmerpreis plus 1 Euro je weitere angefangene 50 Euro Zimmerpreis.
Bremen nimmt 1 bis 3 Euro pro Nacht.
Weimar verlangt von den Gästen je nach Hotelgröße 1 bis 2 Euro pro Nacht. (dpa)
Die Juristen des Westin Grand, das in Berlin klagt, argumentieren, die Landessteuer ähnele der bundesweiten Umsatzsteuer und sei deshalb unzulässig. Es gehe auch nicht, dass Hotels Daten ihrer Gäste aufnehmen und weitergeben müssten. Der Dehoga, der die Klage unterstützt, lehnt Touristenabgaben grundsätzlich als „diskriminierend“ ab. „Eine isolierte Betrachtung der Hotellerie ist inhaltlich nicht zu rechtfertigen“, schreibt der Verband.
Einen durchschlagenden juristischen Erfolg gegen die neuen Steuern gibt es bislang allerdings nicht. Weil die Regelungen lokal unterschiedlich ausgestaltet sind, kippten einige Gerichte diese, andere bestätigten sie. Für Bremen und Hamburg haben die Finanzgerichte die Bettensteuer in erster Instanz als verfassungsmäßig beurteilt. Einen kleinen Sieg hat auch Berlin schon davongetragen: Die Hoteliers hatten beantragt, die Steuer bis zu einer Entscheidung über ihre Rechtmäßigkeit auszusetzen. Das lehnte das Finanzgericht im Juni ab.
Mindestens so umstritten wie die Bettensteuer selbst ist ihre Verwendung: Rot-Schwarz will 25 Millionen Euro in den Haushalt abführen, der Rest soll zu je einem Drittel für Kultur, Tourismus und Sport verwendet werden. Die Opposition fordert, die Einnahmen aus der Steuer ausschließlich für diese drei Bereiche zu nutzen. (mit dpa)
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