Gutachten über Umweltbundesamt: Ökoforschung zu kurzfristig angelegt

Der Wissenschaftsrat nahm das Umweltbundesamt unter die Lupe. Neben Lob gab es auch viel Kritik, vor allem für den Forschungsbereich.

Das Umweltbundesamt in Dessau-Rosslau

Das Hauptsitz des Umweltbundesamtes (UBA) in Dessau-Rosslau. Foto: imago/Steffen Schellhorn

BERLIN taz | Hervorragend als Umweltbehörde, aber zu wenig Ökoforschung, vor allem bei Zukunftsthemen. So hat der Wissenschaftsrat das Umweltbundesamt (UBA) in einem Gutachten bewertet, das in dieser Woche in Berlin vorgestellt wurde. Das UBA ist eine Oberbehörde und Ressortforschungseinrichtung des Bundesumweltministeriums, das die Studie in Auftrag gegeben hatte.

Von den rund 1.100 Beschäftigten des UBA mit Hauptsitz in Dessau-Rosslau (Sachsen-Anhalt) sind rund 30 Prozent für die Beratung der regierungsamtlichen Umweltpolitik zuständig, 26 Prozent nehmen hoheitliche Aufgaben wahr, wie die Kontrolle der Luft- und Gewässerqualität, 14 Prozent informieren die Öffentlichkeit und 28 Prozent machen Forschung und Entwicklung.

Das Budget liegt bei 114 Millionen Euro im Jahr, leicht sinkend. Hinzu kommen 30 Millionen Euro für Wissenschaftsprojekte aus dem Umweltforschungsplan (UFOPLAN) des Umweltministeriums.

Zwar erbringe das UBA in seiner Forschung „gute bis sehr gute Leistungen vor allem in denjenigen Bereichen, die in einer sehr engen Verbindung zu seinen hoheitlichen Aufgaben stehen“, urteilt der Wissenschaftsrat. Gleichwohl sei es dem Bundesamt – so die zentrale Kritik des Wissenschaftsrates – „bislang nicht gelungen, als Gesamtinstitution ein erkennbares wissenschaftliches Profil zu entwickeln“.

Verlangt sei eine „langfristige strategische Perspektive für die Forschung“ des UBA. Die bisherige Forschungspraxis, mit einem Programmhorizont von drei Jahren, sei „insgesamt zu kurzfristig angelegt“. Vor allem „bei der Identifizierung und Priorisierung von zukunftsorientierten Themen kann das UBA nicht überzeugen“, schreibt der Wissenschaftsrat. Gerade bei der „Vorlaufforschung“ für langfristige Umweltentwicklungen gebe es keine feste Größe im UBA-Haushalt; die Mittel dafür würden jährlich neu festgelegt und „müssen als besonders prekär angesehen werden“.

Mehr externe Forscher

Umrahmt von vielen Belobigungen für das UBA-Tagwerk addieren sich die kritischen Bemerkungen der Wissenschaftsprüfer zu einer ordentlichen Liste: Rückgang der Drittmittel, keine gemeinsamen Berufungen mit den Hochschulen, zu wenig wissenschaftliche Publikationen, aus den riesigen Datenbeständen des Umweltmonitoring ließe sich forscherisch mehr machen. Die überaus gute Labor- und Geräteausstattung des UBA sollte mehr für externe Umweltforscher geöffnet werden. Etwa die für 17 Millionen Euro in Berlin-Marienfelde errichtete „Fließ- und Stillgewässer-Simulationsanlage“ – laut Wissenschaftsrat „eine herausragende und in Deutschland einzigartige Forschungsinfrastruktur“, die aber keineswegs ausgelastet sei.

Ein heikler Punkt wird unter dem Stichwort „Frühwarnfunktion“ angeschnitten. Bei der Veröffentlichung von Risikobewertungen durch unterschiedliche Bundesbehörden gebe es „keine systematische Abstimmung“, stellt der Wissenschaftsrat fest. Wenn dies zu abweichenden Bewertungen führt, wie etwa im Bereich der Chemikaliensicherheit von Stoffen, könnten „Verunsicherungen von Politik, Industrie und Öffentlichkeit“ die Folge sein.

Vom UBA fordert der Wissenschaftsrat, die wissenschaftlichen Grundlagen seiner Warnungen bei Umweltgefahren „transparent“ darzulegen und „normative Aussagen als solche kenntlich“ zu machen.

Vorsorgeprinzip einhalten

Der Sprecher des UBA, Andreas Lorenz, erklärte dazu gegenüber der taz, sein Amt sei durch das Vorsorgeprinzip gesetzlich gehalten, Warnungen schon vor Eintritt des Schadens auszusprechen. Andere Behörden, etwa im Bereich der Lebensmittelüberwachung, seien an konkrete Vorkommnisse gebunden.

„Als sehr hilfreich sehen wir es an, dass der Wissenschaftsrat mehr Transparenz in der Risikobewertung sowie stärkere Differenzierung und Nachvollziehbarkeit in der Risikokommunikation einfordert“, erklärt das Umweltbundesamt in seiner Stellungnahme zum Gutachten.

Das UBA weiter: „Hier wächst in Teilen der Öffentlichkeit ein Misstrauen gegenüber behördlichen Entscheidungen, unter anderem im Bereich der Chemikalienregulierung, dem auch wir entgegenwirken wollen.“

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