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„Zigeuner, geh weg da!“

Mahnwache Roma in Hamburg wehren sich gegen die Abschiebung nach Ex-Jugoslowien

Zlatko

29,gehört zur Initiative „Vereinigte Roma Hamburg“ und hat die Mahnwache mitorganisiert. Er lebt seit 1992 in Deutschland und wurde bereits 2004 nach Serbien abgeschoben. Aus Angst vor einer erneuten Abschiebung möchte er anonym bleiben.

taz: Zlatko, wie viele Roma fürchten sich in Hamburg vor einer drohenden Abschiebung?

Zlatko: Genau haben wir diese Zahl nicht erfasst. Es sind aber rund 50 bis 60 Familien, die in Hamburg nur geduldet sind und auf ihre Abschiebung warten.

Sie sollen zurück, weil sie aus angeblich sicheren Herkunftsländern stammen?

Das stimmt, ist aber Irrsinn. Nehmen Sie mich als Beispiel. Ich kam 1992 wegen des Jugoslawienkrieges nach Deutschland. Jetzt soll ich wieder nach Serbien, obwohl meine Familie damals im Kosovo gelebt hat. 2004 ist mir das schon einmal passiert. Fast alle betroffenen Roma kommen aus Serbien, dem Kosovo, Mazedonien, Montenegro und Bosnien. Aus dem Teil Ex-Jugoslawiens also, der nicht zur EU gehört.

Warum können Sie dorthin nicht zurück?

Zunächst mal lebe ich schon lange hier und in der Zeit ist Deutschland mein Zuhause geworden. Hier habe ich meine Freunde kennengelernt, meine erste Freundin, und hier habe ich meinen 18. Geburtstag gefeiert. In Hamburg fühle ich mich wohl. Abgesehen davon werden wir in diesen Ländern nicht als Menschen akzeptiert. Für die sind wir nur Zigeuner.

Was bedeutet das im Alltag?

In den Behörden oder auf der Arbeitssuche haben die anderen immer Vorfahrt. Da heißt es dann: „Zigeuner, geh mal weg da!“ Außerdem muss ich mit meinen Kindern Serbisch sprechen, damit sie keinen Ärger bekommen. Es stimmt nicht, dass die Roma nicht zur Schule gehen wollen. So wie meine Tochter in der Schule diskriminiert wurde, hatte sie aber irgendwann große Angst vor dem Unterricht.

In Deutschland ist das besser?

Die Behörden haben sich darum gekümmert und ihr so viel Unterstützung bereitgestellt, dass sie wieder normal zur Schule gehen kann. Ich kann aber nicht arbeiten, weil ich nur geduldet bin. Dabei möchte ich arbeiten und hoffe auch, dass meine Kinder später studieren können. Wie oft habe ich das schon bei der Ausländerbehörde gesagt. Deutschland braucht doch Arbeitskräfte.

Was erhoffen Sie sich von der Mahnwache?

Wir wollen, dass die Abschiebungen von Roma gestoppt werden. Wir sind keine Serben, Kosovaren oder Mazedonier, wir sind Roma. Ein Volk ohne Land. Nur weil wir deren Staatsangehörigkeit besitzen, müssen wir doch dort nicht leben. Hier sind wir sicher. Wenn wir vertrieben werden, kommen wir nie zur Ruhe.

Interview: Kristof Botka

Mahnwache der Initiative „Vereinigte Roma Hamburg“, 6.–10.7., 8–16 Uhr, vor der Ausländerbehörde, Amsinckstraße 34

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