Waterloos Nachhall

Historische Spuren In Niedersachsen erinnern mehrere Ausstellungen und zahlreiche Denkmäler an die Schlacht von Waterloo vor 200 Jahren

„¸Hurrah brave Osnabrücker!‘ Das war das kurze Wort unseres Führers. Das Bajonett flog in die Faust und im Laufschritt stürzten wir vorwärts.“ Wilhelm Rickers, Leutnant im Landwehrbataillon Osnabrück, schildert begeistert seine Erlebnisse in der Schlacht bei Waterloo, in der die dritte Hannoversche Brigade mit den Landbataillonen Osnabrück, Quakenbrück, Bremervörde und Salzgitter auf britischer Seite an dem Sieg über die Truppen des französischen Kaisers Napoleon beteiligt war. Ein militärisches Gemetzel im belgischen Waterloo vor 200 Jahren mit rund 190.000 Soldaten.

In Niedersachsen erinnern neben Denkmälern derzeit auch einige Ausstellungen an die Schlacht, durch die weite Teile Europas von der Vorherrschaft Napoleons befreit wurden. Und das unter maßgeblicher Beteiligung von Soldaten aus dem Königreich Hannover und dem Fürstentum Braunschweig.

Das Celler Bomann-Museum etwa lenkt – noch bis zum 11. Oktober – auf die hannoverschen Soldaten. 17.000 von ihnen kämpften gegen Napoleon, doch lange galten nur die Briten als Sieger. Die militärischen Ereignisse am 18. Juni 1815 werden unter Überschriften wie „Der Angriff der französischen Kavallerie“ oder „Der Gegenangriff der Alliierten“ auf Texttafeln rekonstruiert. Im Mittelpunkt steht ein riesiges Diorama – auf 60 Quadratmetern stehen 15.000 bemalte Figuren in der nachgestalteten Landschaft. Auf Knopfdruck zeigen Leuchtdioden an, wie die Kämpfe verliefen.

Allerdings muss man nicht unbedingt Massen von Spielzeugsoldaten und Schlachtenlenker zeigen. Das beweist das Braunschweiger Landesmuseum noch bis zum 18. Oktober in einer Schau über Friedrich Wilhelm. Der wurde nach dem Tod seines Vaters Herzog im Fürstentum Braunschweig – aber ohne Land, denn 1806 ging das Fürstentum im Königreich Westphalen unter Napoleons Bruder Jerome Bonaparte auf. Die Franzosen hatten die politische Macht im Dreieck Osnabrück-Marburg-Stendal übernommen.

Dagegen kämpfte Friedrich Wilhelm, der unter dem Bei­namen Schwarzer Herzog populär wurde, weil er sich mit seinen schwarz uniformierten Soldaten erfolgreich durch das Königreich Westphalen kämpfte, um mit ihnen nach England zu gelangen und mit den Briten gegen Napoleon zu kämpfen. Zwei Tage vor den Kämpfen bei Waterloo starb Friedrich Wilhelm in der Schlacht von Quatre-Bras, die als wichtiger Etappensieg über Napoleon gilt. Der Schwarze Herzog wird daraufhin vielerorts mit Denkmalen – etwa in Elsfleth, Syke, Burgdorf, Braunschweig, Helmstedt und Schöppenstedt als Freiheitskämpfer gefeiert.

„Wann ist ein Held ein Held?“ fragt die Braunschweiger Ausstellung. Politische Hintergründe werden beleuchtet, Friedrich Wilhelm kommt nicht gut weg: Nach dem Ende des Königreichs Westphalen kehrt er 1813 triumphierend nach Braunschweig zurück, doch von den unter Jerome Bonaparte eingeführten politischen Freiheiten will er nichts wissen. In der Ausstellung geht es auch um die spätere Vereinnahmung Friedrich Wilhelms: Hitler suchte sich 1931 bei seiner Rede in Braunschweig vor 104.000 SA-Männern bewusst den Platz vor dem Friedrich-Wilhelm-Denkmal aus, um sich als Freiheitskämpfer zu präsentieren.

Angesichts der schön restaurierten Uniformen und der blinkenden Säbel lassen allerdings weder die Celler noch die Braunschweiger Ausstellung den Schrecken der Schlacht bei Waterloo erahnen. Eins der wenigen Dokumente, die das Leid der 50.000 getöteten und verwundeten Soldaten andeuten, ist die im Celler Bomann-Museum vorgestellte Erinnerung von Emanuel Biedermann, Leutnant des 2. Leichten Bataillons der King‘s German Legion: „Das Schlachtfeld war auf das Schauerlichste mit Toten und Verwundeten übersät. Von unserem Bataillon fand sich nur noch eine kleine Schar vor, die übrigen waren tot, verwundet oder vermisst. Von den ungeheuren Anstrengungen ganz abgemattet, legten wir uns zwischen die verstümmelten Leichname von Freunden und Feinden schlafen.“

Joachim Göres