Transgender in Amerika: Zerren an der Goldmedaille
Tausende haben die Transsexuelle Caitlyn Jenner aufgefordert, ihre Olympia-Medaille zurückzugeben. Tel Aviv lädt sie dagegen als Ehrengast zur Gay-Pride ein.
LOS ANGELES afp | Tausende Menschen haben in einer Petition die Transsexuelle Caitlyn Jenner zur Rückgabe ihrer Olympia-Goldmedaille aufgefordert, die sie als Mann unter dem Namen Bruce Jenner gewonnen hatte. Bis Donnerstag unterzeichneten mehr als 10.000 Menschen die an das Internationale Olympische Komitee (IOC) gerichtete Petition auf der Internetseite change.org, die am 1. Juni lanciert worden war. Jenner hatte sich im April als Transsexuelle geoutet und diese Woche für die Titelseite des US-Magazins „Vanity Fair“ als Frau ablichten lassen.
In der Petition hieß es, Jenner habe selbst erklärt, schon immer geglaubt zu haben, eine Frau zu sein. Daher hätte sie niemals an einem Wettbewerb für Männer teilnehmen dürfen. Jenner hatte 1976 bei den Olympischen Sommerspielen im kanadischen Montréal als Mann eine Goldmedaille im Zehnkampf gewonnen und dabei einen neuen Weltrekord aufgestellt. Kurz darauf hatte der Athlet seine Sportkarriere beendet. Vor einigen Jahren hatte Jenner als Stiefvater des Fernsehsternchens Kim Kardashian in einer Realityshow für Aufsehen gesorgt.
Eine weitere Petition auf change.org möchte Jenner den Arthur Ashe Courage Award verleihen, einen Preis, den Menschen für vorbildlidches Verhalten verliehen bekommen, das über die Grenzen des Sports hinaus geht. Die Petition hebt Jenners mutiges Auftreten und ihre Unterstützung der Transgender-Gemeinschaft hervor.
Die israelische Küstenstadt Tel Aviv hat Jenner als Ehrengast zur diesjährigen Gay-Pride-Parade eingeladen. Man habe dem früheren Zehnkampf-Olympiasieger Bruce, der künftig als Frau leben will, eine Einladung geschickt, bestätigte eine Sprecherin der Stadtverwaltung am Donnerstag. „Wir haben aber noch keine Antwort bekommen“, sagte Hannah Confino.
Jenner könne „als Botschafterin für die Transgender-Gemeinschaft dienen“, erklärte Sprecherin Confino. Die Parade steht in diesem Jahr im Zeichen der Solidarität mit Transgenders. Transgender-Menschen haben aufgrund äußerer Geschlechtsmerkmale bei der Geburt das falsche Geschlecht zugewiesen bekommen und entscheiden sich deshalb im Lauf ihres Leben, das Geschlecht anzugleichen, um ihrer eigentlichen Identität zu entsprechen.
Leser*innenkommentare
Kerstin Demuth
Ich finde die Petition zur Aberkennung der Goldmedaille aus dem Jahre 1976 (!) auch etwas albern. Nicht weniger bedenklich erscheint mir aber das Hypen Jenners zur weltweiten Transgender-Ikone, die zum Gay Pride nach Tel Aviv eingeladen wird. Jenners Aktivitäten im Trash-TV rund um Kim Kardashian disqualifizieren sie ebenso, wie es ihr Coming-Out-Alter von 65 tut - sie ist aus dem Gröbsten raus und dank ihrer Prominenz und Wirtschaftskraft ohnehin geschützt vor Demütigung und Verarmung, wie sie viele Trans*menschen treffen. Wenn es schon eine US-Amerikanerin als Botschafterin für die Rechte von Transgender sein soll, dann doch eher Chelsea Manning, die ungleich höhere Risiken auf sich genommen hat als Jenner und nun im Gefängnis für ihre digitale Dissidenz büßt.
Ludolph
Wo ist das Problem? Damals war sie keine Frau, als "was" hätte er/sie denn teilnehmen sollen? Da zudem die sportlichen Leistungen weiblicher Teilnehmer selten über denen der männlichen liegen, dürfte sich in diesem Fall niemand benachteiligt fühlen. Was also soll diese lächerliche Petition?