Gründungskongress der „Republikaner“: Sarkozy sinnt auf Revanche

In Paris ging der Gründungskongress der „Les Républicains“ über die Bühne. Ex-Präsident Sarkozy strebt die Rückeroberung der Macht an.

Nicolas Sarkozy

Nicolas Sarkozy auf dem ersten Kongress „seiner“ Republikaner. Foto: dpa

PARIS taz | Die UMP ist tot, es lebe „Les Républicains“. So hätte der Schlachtruf am Gründungskongress der französischen „Republikaner“ lauten können. Viel öfter zu hören war im Saal aber der Kampfruf „Hollande Démission“ und wie als Echo darauf der Slogan „Nicolas Président“. Offiziell handelt es sich um einen Neustart einer konservativen Partei, der bisherigen Union pour un Mouvement Populaire.

Doch allen Anwesenden ist bewusst, dass dieser als große Show inszenierte Parteitag unter anderem, vor allem oder sogar ausschließlich der persönlichen Ambition von Nicolas Sarkozy dient. Er hatte 2012 den Kampf um seine Wiederwahl gegen den heutigen Staatschef François Hollande trotz eines – wie man heute weiß – maßlos überzogenen Etats verloren.

Die Dreistufen-Rakete

Seit dieser Schmach sinnt er auf Revanche. Tatsächlich scheint ihn jetzt nichts und niemand mehr stoppen und von einer Kandidatur abhalten zu können. Seine Strategie der Rückkehr gleicht einer Dreistufen-Rakete: Die erste Etappe nahm er im November 2014 mit seiner Wahl zum UMP-Parteichef. Den zweiten Schritt macht er jetzt, indem er die durch seine eigene Niederlage und durch diverse Finanzaffären diskreditiert Partei neu einkleidet und in eine seinen Bedürfnissen angepasste Wahlkampfmaschine umwandelt.

Die dritte Stufe, die Nominierung zum Präsidentschaftskandidaten bei internen Vorwahlen im November 2016 sollte dann eine Formsache werden. Höchstens die Untersuchungsrichter, die weiterhin in mehreren Dossiers gegen ihn ermitteln, könnten allenfalls dieses Kalkül noch durchkreuzen. An ein solches Katastrophenszenario möchte freilich Sarkozy als Letzter glauben.

Er war beim Treffen im Ausstellungsgelände La Villette im Norden von Paris zugleich Regisseur und Hauptdarsteller. Bevor die rund 20.000 Anwesenden ihren Parteichef bejubeln durften, mussten sie einen wahren Marathon von 60 Rednern erdulden, die sich alle mit mehr oder weniger Erfolg bemühten, im Saal die Stimmung vor dem Auftritt des Superstars anzuheizen.

Grüße von Angela

Besonders herzlichen Beifall erntete der frühere Haushaltsminister und UMP-Schatzmeister Eric Woerth, der am Donnerstag vom Verdacht der Ausnutzung der Altersschwäche der Milliardärin Liliane Bettencourt für illegale Wahlspenden freigesprochen worden war. Mit dankbarem Applaus bedachten die „Republikaner“ auch einen freundschaftlichen Gruß in Form einer Video-Botschaft der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel, die auf eine „weiterhin gute Zusammenarbeit“ zwischen den Unionsparteien und den französischen Partnern hofft.

Als Sarkozys schließlich eintraf, hatte er die größte Mühe, sich durch die Menge der versammelten Fans den Weg zur Rednertribüne zu bahnen. Alle politischen und formellen Hindernisse dagegen sind vorher beseitigt worden. In einer elektronischen Abstimmung haben sich 83% für den neuen Namen, 96% für die neuen Statuten und 95% für die Zusammensetzung der Parteiführung ausgesprochen.

Bereits am Vorabend des ersten Parteitags der französischen „Republikaner“ hatte Sarkozy einen Appell zu Sammlung über die Trennlinien von links und rechts lanciert: Hinter der Fahne der „Republikaner“ sollten sich alle einfinden, „die unter dem Zurückweichen der Republik leiden und sich dem entschlossen widersetzen wollen“.

Der Streit um den Namen „Die Republikaner“ ist für ihn passé, aber noch immer Thema für Polemik mit den Sozialisten: „Denjenigen, die uns beschuldigen, (mit dem Namen) die Republik zu konfiszieren, antworten wir: Wenn sie selber die Republik nicht verraten, aufgegeben und erniedrigt hätten, müssten wir sie heute nicht wieder aufrichten.“ Er warf der regierenden Linken vor, sie habe die Republik „an geschäftige Minoritäten und und Wählerklientelen ausgeliefert“.

Sarkozy grenzt sich von „Multikulti“ ab

Sarkozy grenzte sich in Anspielung auf die Integrationsprobleme mit muslimischen Mitbürgern deutlich von einer „Multikulti“-Ideologie ab, die aus der weltlichen Republik ein „kommunitaristisches“ Patchwork von Gemeinschaften mache, die sich gegenseitig „um Herkunft und Gedenken streiten“.

Etwas deutlicher hatte zuvor Ex-Minister Laurent Wauquiez statt Integration eine Assimilierung der Menschen aus anderen Kulturkreisen gewünscht: „Nicht die Republik muss sich anzupassen, sondern die Ausländer müssen sich der Republik anpassen.“ Die Immigrationsfrage, die Antwort des weltlichen Staates auf religiöse Sonderwünsche und Gesellschaftsreformen (Homoehe, Sterbehilfe, In-vitro-Befruchtung) werden auch in den Reihen der „Republikaner“ kontrovers debattiert.

Wie sehr heute Sarkozy vorerst die internen Machtkämpfe zu seinen Gunsten entschieden hat, äußerte sich in den Pfiffen und Buhrufen für seine Konkurrenten François Fillon und Alain Juppé. Dieser meinte zu dieser unschönen Schmähung durch Parteikollegen: „Das schmerzt mich, ändert aber nichts an meiner Entschlossenheit. Ihr seid meine politische Familie.“

Laut einer neuen Umfrage vom Freitag wünschen jedoch 72% der Franzosen nicht, dass Sarkozy bei den Präsidentschaftswahlen 2017 kandidiert, und acht von zehn Befragten meinen skeptisch, der neue Parteiname allein sei noch kein Neubeginn.

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