CDU-Parteitag in Wilhelmsburg: Geteilte Humanität

Die CDU beschließt auf ihrem Parteitag, ihr Glück beim Thema Flüchtlinge irgendwo zwischen SPD und AfD zu suchen.

Gute Flüchtlinge rein, schlechte raus: Dazu kann eine große Mehrheit auf dem CDU-Parteitag „Ja“ sagen. Foto: dpa

HAMBURG taz | Am Ende stand ein Doppelbeschluss nach Aschenputtel-Prinzip: Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen. Die Guten, das sind für die Hamburger CDU, die auf ihrem Landesparteitag am Dienstag einen Leitantrag zur Flüchtlingspolitik diskutierte, die Kriegsflüchtlinge - vor allem jene aus Syrien und Afghanistan. Sie sollen künftig schneller integriert werden. „Es ist unsere christliche und humanitäre Pflicht, Kriegs- und Krisenflüchtlingen, die in ihrer Not zu uns kommen, Hilfe zu leisten“, heißt es in dem vorgelegten Papier.

Die Schlechten, das sind Armuts- und Wirtschaftsflüchtlinge, die weder Krieg noch Verfolgung ausgesetzt waren und das Asylrecht nur „missbrauchen“, wie es heißt. Sie sollen schneller abgeschoben und häufiger in Abschiebehaft genommen werden. Das gelte auch für die Gruppe der sogenannten Lampedusa-Flüchtlinge, „soweit sie ausreisepflichtig sind“.

Mit großer Mehrheit verabschiedete der CDU-Parteitag ihren Aschenputtel-Antrag im Bürgerhaus Wilhelmsburg. Ebenfalls beschlossen wurde ein von der Altonaer CDU um den Ex-Parteichef Marcus Weinberg und der Bürgerschaftsabgeordneten Franziska Grunwald formulierter Zusatzantrag. Darin werden konkrete Maßnahmen für die Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt und in die Sportvereine gefordert.

Gut eine Stunde lang debattierten die Mitglieder auf ihrem Parteitag lebhaft über die beiden Anträge. Einige versuchten noch, die Akzente des schon vorab parteiintern sorgsam austarierten Textes noch in die eine oder andere Richtung nachzujustieren - doch schließlich fand keiner der Änderungsanträge eine Mehrheit.

Die CDU hat auf ihrem Parteitag nicht nur über Flüchtlinge gesprochen, es ging auch um Schule:

Verabschiedet wurde ein Antrag, in dem gefordert wird, die für die Inklusion nötigen Gelder nicht bei den Gymnasien abzuziehen und es weiterführenden Schulen zu ermöglichen, sich 40 Prozent ihrer Schüler selbst auszusuchen.

Am Rande erwähnt sei, dass die CDU Hamburg am Jahresende über eine halbe Million Schulden vor sich herschieben wird. Nach über 150.000 Euro in 2014 erwartet die Partei für 2015 gar 170.000 Euro Verlust - aufgrund magerer Erstattung der Wahlkampfkosten.

In der offenen Debatte gab es auch vereinzelt durchaus selbstkritische Töne, etwa als einer der Redner sich nach der mehrfachen Verwendung von Begriffen wie „Asylmissbrauch“, „Leitkultur“ und „falsche Migrationsanreize“ allzu sehr „an den Sprachgebrauch der AfD“ erinnert fühlte.

Mit ihrem Doppelbeschluss hofft die CDU, für die Flüchtlings-Debatte der kommenden Monate gerüstet zu sein und sich erfolgreich zwischen SPD und AfD positionieren zu können. Während Fraktionschef André Trepoll die aus seiner Sicht wenig konsequente Abschiebepolitik des Senats genauso kritisierte wie den dumpfen Populismus der AfD, betonte Parteichef Roland Heintze, die CDU müsse „als Volkspartei mit beiden Flügeln schlagen, aber in eine Richtung fliegen“.

Viele Redner beklagten die lange Dauer der Asylverfahren und die wenig rigide „Rückführungspolitik“ des Senats - kannten aber offenbar die neuesten Zahlen nicht: Denn die durchschnittliche Dauer der Asylverfahren verkürzte sich in den ersten vier Monaten dieses Jahres gegenüber 2014 von 10,9 auf 3,9 Monate. Auch Abschiebungen und sogenannt freiwillige überwachte Ausreisen verdoppelten sich fast: von 724 im Jahr 2013 auf 1.304 im vergangenen Jahr.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.