Afghanistan: Deutsche Geisel tot aufgefunden

Die Todesursache des Mannes ist noch ungeklärt. Die deutsche Regierung bemüht sich um Freilassung der zweiten Geisel

Die Toreinfahrt des Unternehmens in Kabul, bei dem die beiden deutschen Geiseln als Bauingenieure gearbeitet haben sollen. Bild: dpa

KABUL/BERLIN AP/dpa Einer der beiden in Afghanistan entführten Deutschen ist am Sonntag tot aufgefunden worden, wie der Polizeichef der südlichen Provinz Wardak mitteilte. Dorfbewohner hätten die Leiche entdeckt, sagte Mohammed Hewas Maslum. Zur Todesursache gab es zunächst keine Angaben. Die Behörden hatten tags zuvor erklärt, einer der beiden Entführten sei einem Herzanfall erlegen. Der zweite Deutsche lebe noch, und es werde alles getan, um seine Freilassung zu erreichen.

Die Leiche der ersten Geisel ist nach Angaben des Auswärtigen Amtes nach Kabul gebracht worden. "Nach erstem Augenschein durch deutsche Beamte weist der Leichnam Schusswunden auf. Eine abschließende Aussage zur Todesursache lässt sich zur Stunde nicht treffen", teilte der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Martin Jäger, am Sonntagabend in Berlin mit. "Der Leichnam des entführten Deutschen wird nun möglichst schnell nach Deutschland überführt und soll dort einer Obduktion unterzogen werden." Laut "Spiegel Online" brach der Mann, der Diabetiker gewesen sein soll, bei einem Marsch zusammen, später hätten die Geiselnehmer auf den leblosen Körper geschossen. Laut ZDF gab es inzwischen einen Kontakt zu der zweiten Geisel.

Kanzlerin Angela Merkel erklärte in der ARD, man habe weiterhin keine belastbaren Erkenntnisse. Man werde alles daran setzen, das Leben der zweiten Geisel zu retten und den Mann freizubekommen. "Wir tun alles, was verantwortbar ist", sagte sie zur Frage nach einer Lösegeldzahlung.

Die beiden deutschen Bauingenieure waren am Mittwoch zusammen mit fünf afghanischen Kollegen in der Provinz Wardak entführt worden. Eine Sprecherin des Auswärtigen Amts sagte, der Krisenstab halte weiter engen Kontakt zur afghanischen Regierung und bemühe sich mit Hochdruck um eine Lösung. Außenminister Frank-Walter Steinmeier hatte zuvor berichtet, nach den vorliegenden Informationen gehe die Regierung davon aus, dass einer der beiden Entführten den Strapazen der Geiselnahme erlegen sei.

Ein selbst ernannter Sprecher der radikalislamischen Taliban hatte am Samstag erklärt, die beiden Deutschen seien erschossen worden, weil Deutschland nicht wie verlangt den Abzug seiner Truppen aus Afghanistan bekannt gegeben habe. Die Bundesregierung lehnte einen Rückzug der Bundeswehr aber strikt ab. Merkel betonte in der ARD, die Bundesregierung sei nicht erpressbar, alle drei Bundeswehrmandate in Afghanistan seien nötig. Ähnlich äußerte sich SPD-Chef Kurt Beck im ZDF: "Wir dürfen davor nicht einknicken."

Große Sorge herrschte weiterhin über das Schicksal von 23 ebenfalls in Afghanistan entführten südkoreanischen Christen. Ein selbst ernannter Taliban-Sprecher erklärte, die 23 Geiseln müssten gegen 23 gefangene Mitglieder der radikalislamischen Organisation ausgetauscht werden. Er setzte der südkoreanischen Regierung zunächst eine Frist bis 19.00 Uhr Ortszeit am Sonntag, um auf diese Forderung einzugehen. Am Abend erklärte er dann, die Frist sei um 24 Stunden verlängert worden.

Ein Polizeichef in der südlichen Provinz Ghasni sagte, afghanische Regierungsvertreter und Stammesälteste seien am Sonntag mit den Entführern zusammengetroffen, um eine Lösung zu finden. Die Delegation habe Fortschritte gemacht, die Geiseln seien gesund. Außerdem umstellten afghanische Truppen ein Gebiet in Ghasni, wo die Geiseln vermutet wurden, wie das Verteidigungsministerium in Kabul mitteilte. Unterdessen traf auch eine achtköpfige Delegation aus Südkorea in Afghanistan ein.

Der mutmaßliche Taliban-Sprecher hatte die Ermordung der Südkoreaner ursprünglich für Samstag angedroht, wenn nicht die 200 in Afghanistan stationierten südkoreanischen Soldaten abgezogen würden. In Seoul verlautete am Sonntag, man habe mit den Vorbereitungen für den Truppenrückzug bereits begonnen. Es dauere fünf bis sechs Monate, um die Truppen wie geplant bis Ende des Jahres nach Hause zu holen. Das Verteidigungsministerium bestätigte diese Angaben, betonte aber, die Vorbereitungen hätten nichts mit der Geiselnahme zu tun.

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