Kommentar Batasuna-Haftbefehle: Unklarer Kurs gegen ETA

Die Justiz in Spanien untergräbt das Vertrauen in den Rechtsstaat.

17 hochrangige Batasuna-Mitglieder sitzen seit Sonntag in Haft. Das verwunderte doch so manchen in Spanien. Denn vor wenigen Monaten noch stolzierten die jetzt Inhaftierten frei durch das Baskenland, versammelten sich, gaben Pressekonferenzen, organisierten Veranstaltungen und Demonstrationen, während ihre jugendlichen Gefolgsleute Brandsätze schmissen. Kam ein Batasuna-Führer vor Gericht, konnte es schon mal passieren, dass der Staatsanwalt nicht erschien und das Verfahren deshalb eingestellt werden musste. Es waren die Zeiten des Waffenstillstands von Seiten der ETA. Die Regierung des Sozialisten José Luis Rodríguez Zapatero verhandelte mit den radikalen Nationalisten selbst dann noch, als ETA zum Jahreswechsel ein Parkhaus des Madrider Flughafens in Schutt und Asche legte und dabei zwei Menschen ums Leben kamen. "Männer des Friedens", seien die Batasuna-Führer, bekräftigte Zapatero.

Seit Mai nun legt ETA wieder Bomben. Zapateros Regierung ist der Kritik der konservativen Opposition, die von vornherein gegen die Verhandlungen war, ausgesetzt. Was liegt da näher als Polizei, Staatsanwälte und Richter loszuschicken?

Die Separatisten werden nicht müde, die Verhaftungen einen Racheakt der Sozialisten zu nennen. Im Baskenland kommt das an. Nicht nur in ihrem eigenen Umfeld stehen der politische Arm der bewaffneten Separatisten jetzt als Opfer da. Auch so mancher Anhänger der regierenden, gemäßigteren Nationalisten sieht das so. Und die konservative Opposition in Madrid ist davon überzeugt, dass der überraschend harte Kurs gegen Batasuna vom Scheitern des "Friedensprozesses" ablenken soll. Schließlich sind im März Parlamentswahlen.

Justiz - das ist in Spanien eine relative Sache. Das ist eine der Einsichten, die breite Bevölkerungsteile Spaniens teilen. Eine ständig sich ändernde Justizpolitik gegenüber ETA und ihrem Umfeld bestärkt dies noch. Die Regierung schadet mit ihrer Wankelmütigkeit dem Ansehen des Rechtsstaats. Wie kann gestern geduldet werden, was heute als Grund für eine der größten Verhaftungswellen der letzten Jahre herhalten muss?

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Reiner Wandler wurde 1963 in Haueneberstein, einem Dorf, das heute zum heilen Weltstädtchen Baden-Baden gehört, geboren. Dort machte er während der Gymnasialzeit seine ersten Gehversuche im Journalismus als Redakteur einer alternativen Stadtzeitung, sowie als freier Autor verschiedener alternativen Publikationen. Nach dem Abitur zog es ihn in eine rauere aber auch ehrlichere Stadt, nach Mannheim. Hier machte er eine Lehre als Maschinenschlosser, bevor er ein Studium in Spanisch und Politikwissenschaften aufnahm. 1992 kam er mit einem Stipendium nach Madrid. Ein halbes Jahr später schickte er seinen ersten Korrespondentenbericht nach Berlin. 1996 weitete sich das Berichtsgebiet auf die Länder Nordafrikas sowie Richtung Portugal aus.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.