Kommentar Öko-Konjunktur: Die grüne Konjunkturspritze

Die Regierung verbindet staatliche Finanzspritzen mit ökologischen Zielen, die sie seit langem politisch wünscht, aber nicht durchsetzen konnte.

Die Strategie der Koalition, dem drohenden Abschwung zu begegnen, lässt sich mit vier Worten umreißen: Grün ist die Hoffnung. Um die lahmende Wirtschaft auf Trab zu bringen, will sie schadstoffarme Autos steuerlich begünstigen, die energieeffiziente Gebäudesanierung mit günstigen Krediten fördern oder stromsparende Kühlschränke bezuschussen. Die Regierung verbindet also staatliche Finanzspritzen mit ökologischen Zielen, die sie seit langem politisch wünscht, aber nicht durchsetzen konnte.

Einerseits ist der Grundgedanke völlig richtig. Durch schlecht gedämmte Häuser geht in Deutschland jährlich so viel Energie verloren, dass sich andere energiepolitische Erfolge dagegen bescheiden ausnehmen. Schadstoffarme Autos gelten inzwischen zwar irgendwie als sexy, der Absatz bleibt aber deutlich hinter den Erwartungen zurück. Der große Vorteil der Regierungspläne ist: Egal, wie stark solche Ideen tatsächlich auf die Konjunktur durchschlagen, dem Klima tun sie in jedem Fall gut. Zudem transportiert die Regierung eine wichtige Botschaft: Grünen Branchen gehört die Zukunft. Gerade dann, wenn die Wirtschaft ächzt.

Eines ist das Bündel mit Öko-Ideen allerdings nicht: ein Konjunkturprogramm, das diesen Namen verdient. Eines, das die Kaufkraft vieler Menschen stützt, das einkommensarme Schichten begünstigt oder das vielleicht gar die Bildungsarmut beseitigt, wovon auch Unternehmen auf lange Sicht profitieren würden.

Stattdessen sind die Regierungspläne halbherzig und stützen lediglich einzelne Branchen. Eine davon, die Automobilindustrie, hat in den vergangenen Jahren ordentliche Gewinne eingefahren - also staatliche Krücken kaum nötig. Ferner profitiert fast ausschließlich die Mittelschicht: Nur Gutverdienende können sich den steuerlich begünstigten Neuwagen leisten, nur Immobilienbesitzer nehmen den günstigen Wärmedämmungskredit mit - ob sie die Vorteile an ihre Mieter weitergeben, steht dahin. Auch alle Steuervergünstigungen, die in der Koalition diskutiert werden, nutzen vor allem denen, die bereits hohe Einkommen beziehen. So schön die Hoffnung auf den grünen Aufschwung also auch ist - sie kann sehr schnell verpuffen.

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Ulrich Schulte, Jahrgang 1974, schrieb für die taz bis 2021 über Bundespolitik und Parteien. Er beschäftigte sich vor allem mit der SPD und den Grünen. Schulte arbeitete seit 2003 für die taz. Bevor er 2011 ins Parlamentsbüro wechselte, war er drei Jahre lang Chef des Inlands-Ressorts.

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