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Ein realer KrimiVerschollen im Gorlebener Salz?

Ein leitender Mitarbeiter des Atomspediteurs GNS ist verschollen. Grüne fragen nach möglichem Zusammenhang mit umstrittenen Strahlenmessungen beim Castor-Transport.

Soll laut Greenpeace außerhalb der gültigen Strahlenwerte gelegen haben: Der Castor-Transport. Bild: reuters

GÖTTINGEN taz Tatort Gorleben: Eine Leiche im Salz wie beim Fernsehkrimi vor vier Wochen gibt es zwar nicht, doch auch in einem realen Fall besteht Aufklärungsbedarf: Ein leitender Mitarbeiter der Gesellschaft für Nuklearservice (GNS), die für die Atomwirtschaft die umstrittenen Castor-Transporte abwickelt und über einer Tochterfirma die beiden Atommüllzwischenlager in Gorleben betreibt, ist seit rund zwei Monaten spurlos verschwunden. Brisant erscheint der Fall auch vor dem Hintergrund des Durcheinanders bei den Strahlenmessungen beim jüngsten Atommülltransport im November.

Dass der Mann vermisst wird, haben inzwischen sowohl GNS-Sprecher Jürgen Auer als auch der Staatssekretär im niedersächsischen Umweltministerium, Stefan Birkner (FDP), bestätigt. Laut Auer hatte sich der Kollege vor etwa acht Wochen "krankgemeldet". Seitdem habe die GNS nichts mehr von ihm gehört. "Alles Weitere obliegt seiner Familie, wir haben keine Möglichkeit, da Weiteres zu unternehmen", sagte Auer der taz. Nach Angaben von Birkner gilt der Mitarbeiter als "vermisst".

Über die Aufgaben des Verschollenen bei der GNS gibt es nur nebulöse und zudem höchst widersprüchliche Angaben. Laut Auer ist er in die "betrieblichen Abläufe" beim Umladen der Castor-Behälter in Dannenberg eingebunden, mit den Strahlenmessungen habe er jedoch nichts zu tun. Nach Informationen des niedersächsischen Grünen-Fraktionschefs Stefan Wenzel ist er jedoch auch für die Strahlenmessungen an den Castoren zuständig gewesen. Staatssekretär Birkner teilte Wenzel in einem Brief mit, der Verschwundene sei "nicht als Strahlenschutzbeauftragter oder Sicherheitsbeauftragter tätig" gewesen.

Die Grünen wollen nun wissen, ob es einen Zusammenhang zwischen dem Verschwinden des Mitarbeiters und dem Wirrwarr um die Messwerte der Atommüllbehälter gibt. Beim jüngsten Castor-Transport nach Gorleben hatten widersprüchliche Meldungen über die Strahlung für Unruhe unter Beschäftigten, Anwohnern und Polizisten gesorgt. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace hatte bei Messungen in 14 Metern Abstand eine um 40 Prozent höhere Belastung durch Neutronenstrahlung als bei vergangenen Transporten festgestellt. Nach der Überprüfung von drei der insgesamt elf Behälter erklärte das Umweltministerium in Hannover, die Strahlung liege innerhalb der gültigen Grenzwerte - was bis dahin auch niemand bestritten hatte.

"Das Schreiben des Umweltstaatssekretärs bestätigt den Verdacht, dass in Deutschland keine einzige staatliche Institution die Einhaltung der Grenzwerte bei den Atombehältern tatsächlich gemessen hat", sagte der Grünen-Politiker Wenzel gestern der taz. In Dannenberg sei bei drei Behältern zwar stichprobenartig gemessen worden, allerdings nur "im Beisein von Vertretern des Gewerbeaufsichtsamtes und mit Geräten der GNS".

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6 Kommentare

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  • D
    DoroB

    Habe diesen Artikel gerade zufällig entdeckt, interessant wäre ja eine Fortsetzung: Was ist aus dem Mitarbeiter geworden? Ist er wieder aufgetaucht?

  • R
    ronja

    hej bernhard, köstlich. ist ja eigentlich kein lustiger anlass für diese seite hier, aber - entschuldigung - ich musste lachen.

     

    was du unten für osnabrück geschrieben hast, gilt übrigens letztlich auch z.b. für viele städte in südschweden, evtl. noch ein, zwei windräder dazu, im winter auch biogas aus regionaler land- und forstwirtschaft, aber bei energieeffizienter bauweise letzteres natürlich umso weniger. die eignung von dächern für solarenergie herauszufinden ist aber so aufwändige technik nicht unbedingt nötig, finde ich, aber wenn sie sowieso schon da ist, kann mensch sie natürlich nutzen. neue häuser sollten vorschriftsmäßig in ausrichtung und dachneigung etc nach möglichkeit von vornherein für gute solarnutzung gebaut werden, so wie benzin ja heute auch bleifrei sein muss (meine eltern erzählen mir, dass das damals ein harter, langer kampf war, bis das endlich durchgesetzt wurde). und umso schneller können wir die blöden und hässlichen radioaktiven verstrahlungsbetonblöcke endlich abschalten.

  • BH
    Bernhard H. Johannes Wagner

    Bürger G: Ich weiß, dass manche Lehrer, besonders die durchschnittlichen, mit der geistigen Flexibilität mancher ihrer Schüler überfordert sind

    ;-)

  • BG
    Bürger G.

    @ bernado: Thema verfehlt, setzen, 6 ;-)

     

    Zum Thema: keine Staatlichen Institutionen an den Messungen beteiligt? Was ist denn mit dem Gewerbeaufsichtsamt? Ist das nicht staatlich? Was ist mit den vom BfS beauftragten Sachverstänigen? Welche Werte hat denn Green"peace" gemessen? Was heißt den "40 Prozent höhere Belastung" in µSv/h und was bedeutet das im Vergleich zu der natürlichen Grundstrahlung in Deutschland?

     

    Schade taz, dass man krampfhaft versucht Meldungen zu poduzieren auf Kosten eines Mitarbeiters der GNS... Bildzeitungsniveau!

  • BH
    Bernhard H. Johannes Wagner

    Noch ein Satz zu meinem Kommentar vorhin: Auch für die längerfristige Speicherung von evtl. im Sommer überschüssig erzeugter Solarenergie, die dann im Winter nutzbar wäre, ist z.B. zum Thema Wasserstoff das letzte Kapitel noch lange nicht geschrieben.

     

    Davon abgesehen könnten aber z.B. Solaranlagen auf einigen Dächern so konstruiert werden, dass sie in Schneefallmonaten (in Deutschland also heute meist nur noch ca. Mitte Dez. bis Anfang März) in einen steileren Winkel einstellbar sind, so dass Schnee leichter abrutscht (zudem ist da der Sonnenstand auch tiefer, wenn auch nicht genau proportional dazu).

  • BH
    Bernhard H. Johannes Wagner

    Hoffentlich taucht er bald wieder auf, möglichst gesund. Aber ein erneuter Anlass auf die unwägbaren Gefahren der Kernspaltungsindustrie hinzuweisen und eine Energierevolution zu fordern.

     

    Eine Studie vom Sommer 2008 kam zu dem selbst für die Forschenden und Auftraggebenden überraschenden Ergebnis,

    dass die Stadt Osnabrück den gesamten Bedarf an Elektrizität für Privathaushalte mit Photovoltaik auf gut und sehr gut dafür geeigneten Dächern der Stadt erzeugen könnte.

     

    vgl. http://www.nabu.de/themen/siedlungsentwicklung/demographieundfinanzen/08413.html

    bzw. direkt: http://www.osnabrueck.de/sun-area und http://www.al.fh-osnabrueck.de/sun-area.html

     

    Wenn also 100% des privaten Strombedarfs allein durch Solarenergie zu decken für Osnabrück möglich ist,

    dann mit Sicherheit auch für viele andere Städte und Dörfer.

     

    Einige qm je Haus für Solarwärme-Kollektoren statt PV-Modulen zu nutzen ist aber ebenfalls sinnvoll,

    da dies Heizenergie und auch Strom spart (die sonst für Wassererhitzung im Haushalt gebraucht würde).

     

    Ein New Deal für Ausbildungsplätze und Produktionsanlagen für Solarenergie könnte bis spätestens 2020 - oder früher - den gesamten Strombedarf deutscher Privathaushalte mit Solarenergie sicherstellen.

    Der Ausbau von Biogasanlagen, Windrädern, Geothermie-, Wellenkraft-Anlagen etc. und verschiedene Speichertechnologien (von E Cars bis Pumpspeicherkraftwerken) könnten den Industrie- und Nachtstromanteil sichern. Energiespar- und Effizienzprogramme könnten großteils den Anstieg des Strombedarfs duch E Cars und Elektrobusse kompensieren.

     

    Das gilt natürlich nicht nur für Deutschland!

     

    Insbesondere könnten auch bekanntlich Länder wie Dänemark und Norwegen wegen ihres extrem hohen Potenzials an Windenergie (v.a. offshore) spätestens ab 2020 mehr als 100% ihres Strombedarfs durch erneuerbare Energien decken und einen Teil davon dann exportieren.