Kim Jong-Ils Geburtstag: Nordkoreas Sonne ist unsterblich

Die Nachbarländer zittern, die Erben warten. Aber Nordkoreas Diktator stirbt und stirbt nicht. Nächste Woche feiert er einen pompösen Blumengeburtstag.

Totkrank? Von wegen: Geheimniskrämer Kim Jong-il besucht die werktätige Bevölkerung. Bild: reuters

Am Montag wird sich ein rotes Blumenmeer entfalten. In den Ausstellungshallen von Pjöngjang, ganz in der Nähe des 1. Mai-Stadions, wird die Pracht einer speziellen Sorte von Begonien arrangiert, den Kimjongilia. Sie wurden einst für jenen Mann geschaffen, der am Montag Geburtstag hat: Kim Jong-Il, Nordkoreas Machthaber. Ihm schenken die Ministerien und Fabriken, die Polizei, die Milizen und die Armee all die Blumen, um ihre Liebe und Ergebenheit zu zeigen. Er wird 67 Jahre alt und dieser Geburtstag ist ein besonderer: Ausländische Geheimdienste wollen vergangenen Jahr erfahren haben, dass er schwer krank war, womöglich einen Schlaganfall erlitt. Und jetzt ist er immer noch da.

Ob er sich zu seinem Geburtstag öffentlich zeigen wird, ist ungewiss. Er liebt das Versteckspiel schon lange. Die Nordkoreaner sind daran gewöhnt, dass er oft über Monate in der Versenkung verschwindet. Aber Kim Jong-Il trägt den Ehrentitel "Sonne des 21. Jahrhunderts" und ist somit unsterblich. Deshalb wäre es im Grunde unnötig, darüber nachzudenken, wie die Zukunft des Landes ohne ihn aussähe.

Doch die Nachbarländer hat die lange Abwesenheit aufgeschreckt. Sie fürchten, dass ein plötzliches Ende Kims Machtkämpfe auslösen könnte, die im schlimmsten Fall in einen Bürgerkrieg münden - mit Millionen Flüchtlingen, die über die Grenzen nach Südkorea, China und Russland strömen. Und was passiert dann mit Nordkoreas Atomwaffen? Die Gefahr wäre groß, dass nordkoreanische Offiziere und Techniker Bomben und Know-how an Terroristen verkaufen könnten.

Wer Nachfolger Kims werden könnte, ist ungewiss. Im Gegensatz zu seinem Vater, der ihn lange vor seinem Tod 1994 zum Thronerben kürte, hat Kim bislang nicht entschieden, wer das Land regieren soll. Er selbst scheint ein seltsames Verhältnis zu wichtigen Personalien zu haben.

Als Vater Kim starb, zeigte der Sohn seine Pietät, indem er ablehnte, Präsident zu werden. Statt dessen wacht der tote Kim Il-sung als "Präsident auf Ewigkeit" aus dem Jenseits über die Nordkoreaner, während Sohn Kim nur Generalsekretär der Partei und Vorsitzender des "Nationalen Verteidigungsrates" und damit offiziell Oberkommandierender der Armee ist.

"Nordkorea ist wie ein schwarzes Loch. Jede Analyse des Landes beruht nur auf Annahmen", sagt der chinesische Korea-Experte Chu Shulong von der Pekinger Qinghua-Universität.

Gerade dieses Nicht-Wissen führt zu Gerüchten. Kim habe den jüngsten seiner drei Söhne von zwei Frauen, den 25 Jahre alten Kim Jong-un, gerade zum Nachfolger bestimmt, spekulierten südkoreanische Medien. Sein ältester Sohn, der 38 Jahre alte Kim Jong-nam, der als Computerexperte gilt, sei schon vor ein paar Jahren in Ungnade gefallen, weil er sich auf dem Flughafen in Tokio mit gefälschtem Pass erwischen ließ. Derzeit lebt der rundliche Mann mit dem Ruf eines Playboys vor allem im südchinesischen Macao und in Peking. Den 27 Jahre alten mittleren Sohn, Kim Jong-chul, wiederum halte Kim für zu weich und nicht geeignet für einen Regenten Nordkoreas. Beweise für all diese Behauptungen gibt es nicht.

Auch die vierte Ehefrau Kims, Kim Ok, und sein Bruder, Botschafter in Polen, werden immer wieder als Kandidaten für die Nachfolge der Kim-Dynastie genannt. Kim Ok war einst Mitglied einer nordkoreanischen Delegation in Washington.

Sie selbst soll jedoch den jüngsten Filius als Nachfolger favorisieren. Ein wichtiges Wort könnte auch Kims Schwager, ein hoher Parteifunktionär, mitreden. Seine Frau ist derzeit Ministerin für Leichtindustrie.

Womöglich werde, so vermuten Experten, eine gemischte Regierung aus Militärs und Zivilisten die Geschicke des ausgehungerten Landes übernehmen. Welche Rolle die Kims überhaupt spielen werden, ist ungewiss. Selbst die hartgesottenen Militärs hätten die Regierung einer Kim-Dynastie über, heißt es unter Experten. Fest scheint aber zu stehen, dass die Familie versuchen wird, ihre Pfründe zu sichern. Am Montag feiern sie erst einmal Geburtstag.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.