US-Präsident in Dresden: Kritische Plakate unerwünscht

Der US-Präsident kommt, und die Dresdner sollen einer Leinwand zujubeln. Polizisten rissen Dutzende Plakate ab - angeblich wegen Beleidigung des Staatsgastes.

Selbst aus Pappe beliebt: Dresdnerinnen mit Obama-Aufsteller. Bild: dpa

Eine Großbildleinwand auf dem Altmarkt, damit die Dresdner auch glauben, dass der US-Präsident wirklich da ist. Dazu eine Bühne für Rock n Roll und Country, Barbecue und eine Radeberger-Bierbude. Ein großes Welcome-Bürgerfest hat Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU) für Freitag angekündigt. Doch zu sehen, geschweige denn zu fassen werden die Dresdner Barack Obama nicht bekommen. Die Obamania findet in den Medien statt. Sein Programm in Weimar-Buchenwald und Dresden ist im Laufe der wochenlangen Verhandlungen zwischen Washington und Berlin geschrumpft und wirkt improvisiert. Noch am Donnerstag wussten Orosz und Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) nicht, wann und wo sie Obama begegnen könnten.

Überhaupt nicht improvisiert wirken hingegen die Sicherheitsvorkehrungen. Bereits seit Mittwochnacht ist das historische Zentrum hermetisch abgeriegelt. Die schon immer schwer zu beeindruckenden Dresdner nehmen es gelassen. Man kennt die Zäune und die Invasion von Polizisten noch aus Zeiten der Besuche führender Genossen, später der Queen - und vom Naziaufmarsch zum Gedenken an die Zerstörung der Stadt am 13. Februar 1945.

Proteste der rund 3.000 Innenstadtbewohner, die ihre Wohnung nur noch mit einem gelben Bändchen ums Handgelenk erreichen, sind nicht zu vernehmen. Touristen kehren wieder um. "Görlitz ist auch eine schöne Stadt, fahren wir dorthin", bemerkt der Leiter einer Gruppe.

Andere versprechen sich eine weltweite Werbung für die Stadt, "die sonst Millionen kosten würde", meint ein Passant. Dass die Stadt erst einmal 100.000 Euro für den Besuch zahlt, weiß er nicht. Die Hälfte davon wollen angeblich Sponsoren übernehmen. Über die Gesamtkosten des Besuchs herrscht Schweigen.

Obama wird sich am Freitagmorgen zwar beim Grünen Gewölbe, der historischen Schatzkammer Augusts des Starken, für eine reichliche Stunde mit Kanzlerin Angela Merkel treffen. Zu den Topthemen sollen die Atomstreitigkeiten mit Nordkorea und dem Iran, die Russlandpolitik und der Rettungsversuch für den Autobauer Opel zählen.

Ansonsten hat Obama für die Schätze der Kunststadt aber kaum ein Auge und ein Ohr. Ein kurzer Gang in die Frauenkirche ist nach langem Ringen angeblich nun doch eingeplant. Dort fand am Donnerstagabend im Rahmen der Dresdner Musikfestspiele ein Konzert statt, das zum Besuch gepasst hätte. Der Intendant, der meist in New York lebende Cellist Jan Vogler, wählte das Motto "Neue Welt".

Von dem Holocaust-Überlebenden und Friedensnobelpreisträger Elie Wiesel werden Obama und Merkel dann noch durch die KZ-Gedenkstätte Buchenwald geführt.

Schlechte Erfahrungen machten Grüne und Anhänger des Welterbetitels, der Dresden im Juni wegen des Baus der Waldschlösschenbrücke von der Unesco aberkannt werden wird. Polizisten rissen 54 Plakate wieder ab, angeblich wegen Beleidigung eines Staatsgastes. Auf ihnen war Obama mit der Sprechblase zu sehen: "Sorry, I cant understand your Mrs. Orosz", gefolgt von der Aufforderung, Welterbe-Zerstörer bei der Kommunalwahl am Sonntag abzuwählen.

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