Führungswechsel beim 1. FC Nürnberg: Napoleon mag nicht mehr
Michael A. Roth tritt als allmächtiger Präsident des 1. FC Nürnberg ab. Er war der letzte Patriarch der Bundesliga.
BERLIN taz Er war allerhand: Teppich-Mogul und Provinzfürst, Retter des 1. FC Nürnberg und Reizfigur, Napoleon vom Valznerweiher und kleinster Großsprecher der Bundesliga. Nun ist Michael A. Roth zumindest eins nicht mehr – Präsident des 1. FC Nürnberg.
Am Dienstag gab der 73-Jährige sein Amt beim eben wieder in die Fußball-Bundesliga zurückgekehrten Traditionsverein auf. Er habe, sagte er bei der gestrigen Pressekonferenz, "mit dem Aufstieg das mir selbst vorgegebene Ziel erreicht". Nun sei der Zeitpunkt gekommen, "wo der Verein umstrukturiert werden soll". Roth verkündete, er wolle sich mehr um seine Firma und um sein Privatleben kümmern.
Roth, der in insgesamt 19 Jahren als Präsident 15 Trainer verschliss, galt als cholerischer Alleinherrscher und neigte dazu, sich selbst ins Rampenlicht zu rücken. In seiner ersten Amtszeit von 1977 bis 1983 tauschte er die Übungsleiter in einer ähnlichen Frequenz wie seine dem Vernehmen nach mehr als 100 Maßanzüge. Zugute halten aber muss man ihm, dass er den neunmaligen deutschen Meister sanierte. Und das nicht nur einmal: Nach Roths erstem Rücktritt 1983 ist der Stolz Frankens weitgehend schuldenfrei, aber Nachfolger Gerd Schmelzer häuft 28 Millionen Mark neue Verbindlichkeiten an, Schatzmeister Ingo Böbel und Schmelzers Nachfolger Gerhard Voack werden wegen Steuerhinterziehung verurteilt. Der "Club" stürzt in die Regionalliga und Roth schreitet 1994 zur zweiten Rettung. Diesmal geht er pfleglicher mit den Trainern um und erntet schließlich mit dem Pokalsieg 2007 und der Uefa-Cup-Qualifikation die Früchte der Aufbauarbeit. Selbst der anschließende Bundesliga-Abstieg kann wieder korrigiert werden.
Die Millionen, die er im Laufe der Jahre in den Verein steckte, verdiente Roth mit dem Verkauf von Teppichböden. Sein ARO-Heimtextilienimperium startete der nur 1,63 Meter große Roth Ende der 50er-Jahre aus dem Kofferraum seines Autos. Ähnlich bewundernswert ist die Leistung des Bundesverdienstkreuzträgers, aus dem notorisch amateurhaft und bisweilen gar kriminell geführten 1. FC Nürnberg wieder einen soliden Klub gemacht zu haben, der sein enormes Potenzial ausschöpfen kann. Diese Leistung wird von den Anhängern geschätzt, so peinlich das Auftreten von Roth auch manchmal war. Mit den fränkischen Fans verbindet ihn deshalb eine Hassliebe.
Michael Adolf Roth soll nun Ehrenvorsitzender werden. Über seine Nachfolge als Präsident wird aber wohl erst im Herbst entschieden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kritik am Deutschen Ethikrat
Bisschen viel Gott
Trumps Krieg gegen die Forschung
Bye-bye, Wissenschaftsfreiheit!
Menschenrechtsverletzungen durch Israel
„So kann man Terror nicht bekämpfen“
Altvordere sollen Linke retten
Hoffen auf die „Silberlocken“
Ungelöstes Problem der Erneuerbaren
Ein November voller Dunkelflauten
Autobranche in der Krise
Kaum einer will die E-Autos