Kommentar Internetsperren: Der Dammbruch

Der SPD muss klar sein: Mit der Unterstützung der Internetsperre für Kinderpornos öffnet sie der Zensur weiterer Netzinhalte Tür und Tor. Irgendwann gehts um strittige Meinungsäußerungen.

Zum Schluss gab es nochmal einen netten Beschluss vom SPD-Parteivorstand: "Löschen vor Sperren", hieß es in dem Papier, das am vergangenen Samstag verbreitet wurde. Ein paar Nachbesserungen hier, ein paar schöne Worte dort, doch Ursula von der Leyens umstrittenes Internetsperrengesetz wird wohl durchkommen.

Die Sperrliste an sich kommt nach wie vor ohne jede demokratische Kontrolle vom BKA. Eine "unabhängige Expertenkommission", angesiedelt beim Bundesdatenschutzbeauftragten, soll nun aber zusätzlich darüber wachen, dass tatsächlich nur Kinderpornos gesperrt werden. Wie gut das funktioniert, wird sich zeigen. Dass noch nicht einmal ein Richter draufguckt, ist armselig.

Die SPD muss sich fragen lassen, warum sie das zulässt. Natürlich verdient ein Politiker wie Björn Böhning, der sich zuletzt für die komplette Ablehnung des umstrittenen Gesetzes eingesetzt hat, Respekt. Von Bild hatte er sich dafür sogar einen "Verlierer des Tages" eingefangen. Geholfen hat es nichts.

Diejenigen, die die nun aufzubauende Zensurinfrastruktur für andere "heiße Themen" einsetzen wollen, stehen bereits Gewehr bei Fuß. So schrieb auf abgeordnetenwatch.de der CDU-Abgeordnete Thomas Strobl, die Sperren von Kinderpornos sollten doch "mit Blick auf Killerspiele neu diskutiert" werden. Als Nächstes ist dann die Musikindustrie dran, die Seiten mit Raubkopien gesperrt wissen will. Oder es geht um Websites mit Glücksspielen, die hiesigen Lottogesellschaften Konkurrenz machen. Und irgendwann um umstrittene Meinungsäußerungen. Was hier passiert, das muss der SPD klar sein, ist ein Dammbruch. Kein Wunder, dass in nicht einmal zwei Monaten 120.000 Menschen die Petition "Keine Indizierung und Sperrung von Internetseiten" unterzeichneten - trotz des Totschlagarguments Kinderpornografie.

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