Spitzelaffäre der Deutschen Bank: Weibliche Lockvögel

Die Spitzelaffäre der Deutschen Bank weitet sich aus. Offenbar wurde auch ein Gewerkschaftsvertreter im Aufsichtsrat beschattet. Bankchef Ackermann schweigt noch.

Der selbst ernannte "Chefaufklärer" Ackermann steht vor den Trümmern seiner Verharmlosungsstrategie. Bild: ap

Eine Spitzelaffäre beschädigt derzeit das Image der Deutschen Bank. Der nationale Branchenleader ließ offenbar über Jahre hinweg Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder von Privatschnüfflern bespitzeln und schreckte auch nicht davor zurück, wenigstens einem Kritischen Aktionär sogar mit "weiblichen Lockvögeln" auf die Pelle zu rücken. So jedenfalls steht es an diesem Montag im Nachrichtenmagazin Der Spiegel. Mit von der Beschattungspartie sei eine von Exmitarbeitern der Stasi geführte Detektei gewesen, die auch schon an der Spitzelaffäre der Deutschen Telekom beteiligt gewesen sei.

Noch auf der Hauptversammlung (HV) der Deutschen Bank Ende Mai in Frankfurt hatte Vorstandschef Josef Ackermann versichert, dass es sich bei der Datenaffäre in seinem Unternehmen nur um "mögliche einzelne, schon einige Zeit zurückliegende Verstöße" gegen die Datenschutzbestimmungen handele. Der Boss versprach "vollständige Aufklärung" und beauftragte eine externe Rechtsanwaltskanzlei mit der Prüfung der Vorwürfe.

Jetzt schon hinfällig geworden ist die nach der HV aus der Deutschen Bank lancierte Meldung, wonach Aufsichtsräte der Bank nicht von den von der Abteilung Konzernsicherheit direkt zu verantwortenden Bespitzelungsaktionen betroffen gewesen seien.

Denn auch der Gewerkschaftsvertreter im Aufsichtsrat der Bank, der Ver.di-Mann Gerald Herrmann, ist bespitzelt worden. Herrmann selbst nannte das Verhalten der Deutschen Bank "empörend". Zwar habe sich das Unternehmen inzwischen bei ihm entschuldigt; "aber ich erwarte eine persönliche Entschuldigung von Herrn Ackermann". Weiter sagte Herrmann, er sei jahrelang beschattet worden, weil er den massiven Stellenabbau bei der Bank und die von Ackermann ausgegebene Parole "25 Prozent Eigenkapitalrendite" öffentlich kritisiert und angeblich Geschäftszahlen aus dem dritten Quartal 2001 verraten habe. Die Vorwürfe seien ungerechtfertigt gewesen, teilte die Deutsche Bank jetzt mit.

Neben Lamberti wurden wohl auch noch weitere Vorstandsmitglieder und auch deren Familienangehörige bespitzelt, die im Verdacht standen, Kontakte zum Medienmogul Leo Kirch zu unterhalten, mit dem die Deutsche Bank im Rechtsstreit liegt. Der Kirch-Anwalt Peter Gauweiler erstattete inzwischen Strafanzeige gegen unbekannt, weil er mutmaßt, im Jahre 2006 abgehört worden zu sein.

Laut Spiegel soll zudem auch der Kritische Aktionär Michael Bohndorf, ein auf Ibiza lebender Advokat, im Auftrag der Deutschen Bank von Privatdetektiven rund um die Uhr beschattet worden sei. Die Dunkelmänner hätten Bewegungsprofile erstellt und gezielt nach persönlichen Schwächen von Bohndorf gesucht; dabei seien auch "weibliche Lockvögel" zum Einsatz gekommen.

Ackermann, der selbst ernannte "Chefaufklärer", steht jedenfalls vor den Trümmern seiner Verharmlosungsstrategie. Hat er von den illegalen Aktivitäten seiner Abteilung Konzernsicherheit nichts gewusst, steht sein Ruf als Unternehmensführer auf dem Spiel. Hat er davon gewusst, muss er zurücktreten.

Noch schweigt Ackermann. Man wolle erst das Ergebnis der Untersuchungen der Aufsichtsbehörde und des gleichfalls eingeschalteten hessischen Datenschutzbeauftragten abwarten, hieß es dazu auf Anfrage bei der Deutschen Bank.

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