Kommentar Bilanz der Abwrackprämie: Im Ganzen sauber

Die vielkritisierte Abwrackprämie war kein Sündenfall, sondern ist eher ein Modell für andere Branchen.

Großer Jammer! Wirtschaftskrise! Hunderttausende von Jobs in der Autoindustrie gefährdet! Das war vor einem Jahr. Dann kam die Abwrackprämie, die man bis Mittwoch beantragen konnte. Seitdem läuft alles prima - jedenfalls gemessen an den Untergangsprognosen. Massenentlassungen gab es nicht. Glücklicherweise ist die große Koalition im Gegensatz zu ihren Vorgängerregierungen mal auf die Idee gekommen, die Nachfrage der Verbraucher zu unterstützen. Die vielkritisierte Abwrackprämie war kein Sündenfall, sondern ist eher ein Modell für andere Branchen.

Indem der Staat die Verschrottung eines alten und den Erwerb eines neuen Wagens mit 2.500 Euro fördert, wird antiquierte, klimaschädliche Technik durch moderne ersetzt, die wenigstens etwas sauberer ist. Dagegen können sich nur Saubermänner und Ideologen wehren.

Natürlich ist die Abwrackprämie nicht perfekt. Etwas mehr Öko hätte nicht geschadet - etwa die Begrenzung der Förderung auf besonders sparsame Fahrzeuge. Ein grundsätzliches Argument ist das aber nicht: Der Staat darf und soll die technische und ökologische Modernisierung unterstützen. Dass dabei auch die realexistierenden Interessen der einheimischen Industrie zum Zuge kommen, ist nicht unbedingt schädlich. Nur wegen jahrelanger milliardenteurer Subventionierung bietet Deutschland heute so viele Abeitsplätze in der Produktion regenerativer Energie. Das könnte auch bei der Herstellung energiesparender Haushaltsgeräte oder moderner Baustoffe gelingen.

Kein Anlass zum Jammern also - und schon prognostiziert das Autogewerbe, dass auch ohne Prämie 2010 kaum weniger als die gewohnten drei Millionen Fahrzeuge zugelassen würden.

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Geboren 1961, ist selbstständiger Wirtschaftskorrespondent in Berlin. Er schreibt über nationale und internationale Wirtschafts- und Finanzpolitik. 2020 veröffentlichte er zusammen mit KollegInnen das illustrierte Lexikon „101 x Wirtschaft. Alles was wichtig ist“. 2007 erschien sein Buch „Soziale Kapitalisten“, das sich mit der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen beschäftigt. Bis 2007 arbeitete Hannes Koch unter anderem als Parlamentskorrespondent bei der taz.

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