Abwrackprämie aufgebraucht: Fünf Milliarden Euro perdu
Mit der Abwrackprämie bezuschusste der Bund eine Shoppingtour ohne Beispiel. Jetzt ist das Geld aufgebraucht. Am meisten profitiert hat Volkswagen.
BERLIN ap/dpa | Der 5-Milliarden-Etat für die Abwrackprämie ist aufgebraucht. Damit besteht für Autokäufer, die ihren alten Wagen verschrotten wollen, nur noch die Chance auf einen Platz in der Nachrückerliste. Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier (SPD) schloss eine Aufstockung des Prämientopfs am Mittwoch aus. Fachleute erwarten, dass die Autobauer nun erst recht mit hohen Rabatten um die Kundschaft werben werden.
Rein statistisch gesehen sind rund 2 Millionen Altautos in Deutschland verschrottet und durch neue ersetzt worden. Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle in Eschborn teilte am Mittwoch mit, um 10.14 Uhr sei der letzte Antrag gestellt worden.
Die Bilanz des Bundesamtes fiel positiv aus: "Die Umweltprämie hat sich zu einer effektvollen Stütze zur Stabilisierung der deutschen Konjunktur entwickelt", sagte Präsident Arnold Wallraff. 15.000 weitere Antragsteller können ab diesem Donnerstag unter ump.bafa.de für die Warteliste registrieren lassen. Danach wird das Internetportal geschlossen. Wer sich dort einträgt, kann noch zum Zuge kommen, falls bereits gestellte Anträge abgelehnt werden.
SPD-Kanzlerkandidat Steinmeier sagte nach einem Gespräch mit dem IG-Metall-Chef Berthold Huber zur Zukunft der Automobilindustrie, dass es "eine nochmalige Erhöhung des Deckels nicht geben wird".
Die Prämie war Bestandteil der Maßnahmen der Bundesregierung gegen die Wirtschaftskrise und sollte vor allem der Autoindustrie durch die Absatzflaute helfen. Zunächst war sie auf 1,5 Milliarden Euro begrenzt, dann auf 5 Milliarden Euro erhöht worden.
Steinmeier sagte, durch die Prämie seien 36 Milliarden Euro umgesetzt und 200.000 Arbeitsplätze erhalten worden. Der Präsident des Autoindustrieverbandes VDA, Matthias Wissmann, kritisierte Prognosen, nach dem Auslaufen der Prämie seien 90.000 Arbeitsplätze in der Branche in Gefahr.
Derweil forderte Linken-Chef Oskar Lafontaine ein drittes Konjunkturpaket, das vor allem Geringverdiener stützen solle. Die Bundesregierung habe bisher kein Konzept vorgelegt, wie sie dem drohenden Nachfrageausfall begegnen wolle. Grünen-Spitzenkandidat Jürgen Trittin nannten die Prämie einen ökologischen und ökonomischen Irrsinn. Große Dreckschleudern seien genauso gefördert worden wie moderne Spritsparer.
Gleichwohl sind die Hersteller von Oberklassemodellen die Verlierer der Abwrackprämie. Nach einer Studie von Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen wird Mercedes in diesem Jahr 38.066 Fahrzeuge weniger Autos verkaufen. BMW erwarte ein Minus von 16.842 Autos, Audi von 2.618 Wagen. Klarer Gewinner sei Volkswagen.
Mit Hilfe der staatlichen Förderung werde der Konzern in diesem Jahr 193.353 zusätzliche Autos absetzen, es folgten Opel (105.092), (Fiat 99.597) und Ford (84.807). Den prozentual größten Zuwachs habe jedoch ein Importeur verbucht: Die rumänische Renault-Tochter Dacia könne dank der Prämie ihre Verkaufszahlen um rund 275 Prozent steigern.
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