Rechtsextremismus: Neonazis am Hafen geparkt

10.000 Menschen demonstrieren in Dortmund gegen einen rechten Aufmarsch. Einem grünen Stadtrat wird von Gegendemonstranten ins Gesicht geschlagen.

Mit fast 30 Aktionen, Demonstrationen und Konzerten verhinderten die Demonstranten eine größere Mobilisierung der Rechtsextreme. Bild: dpa

Mehr als 10.000 Menschen haben am Samstag in Dortmund überwiegend friedlich gegen einen Neonazi-Aufmarsch protestiert. Mit fast 30 Aktionen, Demonstrationen und Konzerten verhinderten die Demonstranten eine größere Mobilisierung der Rechtsextremen: Deren Standkundgebung auf einem abgelegenen Parkplatz am Dortmunder Hafen zählte augenscheinlich nur wenige hundert Extremisten, überwiegend aus der Szene der sogenannten "Freien Kameradschaften". Die Dortmunder Polizei spricht von etwa 700 Teilnehmern. Einen Demonstrationszug der Rechtsextremen hatte Dortmunds Polizeipräsident Hans Schulze zuvor untersagt.

Bei den Protesten gegen rechts, zu denen ein breites Bündnis aus Stadtverwaltung, Parteien, Gewerkschaften, Kirchen bis hin zu antifaschistischen Gruppen aufgerufen hatte, kam es zu vereinzelten Zusammenstößen mit der Polizei. Insgesamt seien zehn Polizisten und zwei Bürger verletzt worden, sagte Andreas Weiß von der Leitstelle der Dortmunder Polizei. Unter den Verletzten ist auch der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Dortmunder Stadtrat, Mario Krüger: Er habe verhindern wollen, dass Pflastersteine in Richtung Polizei fliegen, sagte Krüger der taz. "Ärgerlich und kontraproduktiv" sei die Gewalt, sagt der Grüne, der durch einen Schlag ins Gesicht eine Platzwunde und eine Gehirnerschütterung erlitt. Die Polizei kesselte zwei Gruppen von etwa 150 und 65 Autonomen ein und nahm diese in Gewahrsam. Ihnen wird vorgeworfen, Polizisten und deren Fahrzeuge mit "Steinen und Pyrotechnik" beworfen zu haben.

Die Neonazi-Szene ruft bereits seit Jahren bundesweit zu Aufmärschen in Dortmund auf. "Offenbar versuchen die Rechtsextremen, das Ruhrgebiet als Herzkammer der Arbeiterbewegung symbolisch zu besetzen", sagt die Landesvorsitzende der nordrhein-westfälischen Grünen, Daniela Schneckenburger, die in Dortmund lebt. Zuletzt war es am 1. Mai zu einem Angriff der Neonazis gekommen: Mit Holzstangen, Steinen und mit Quarzsand gefüllten Handschuhen gingen sie auf Besucher einer DGB-Kundgebung los, die Staatsanwaltschaft ermittelte wegen Landfriedensbruch in über 280 Fällen. Auch Überfälle auf Räume der Linken, der Grünen und das multikulturelle Literaturcafé "Taranta Babu" werden den Neonazis zugerechnet.

Mit einem Verbot des Aufzugs vom Samstag hatte Dortmunds Polizeipräsident Schulze deshalb zunächst versucht, eine erneute Eskalation der rechten Gewalt zu verhindern. Dieses Verbot hatte zwar vor der Verwaltungs- wie vor der Oberverwaltungsgerichtsbarkeit Bestand - das Bundesverfassungsgericht dagegen erklärte den Neonazi-Aufmarsch dagegen in einer Eilentscheidung vom Freitag für rechtmäßig. Trotz des Überfalls am 1. Mai gebe es keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit, so die Karlsruher Richter. Ein Demonstrationsverbot sei der stärkste Eingriff in das Grundrecht der Versammlungsfreiheit, hieß es zur Begründung weiter.

DANIELA SCHNECKENBURGER, GRÜNE

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