Studie zur Integration: Fremde Namen fallen durch

Hochqualifizierte Migranten werden auf dem Arbeitsmarkt immer noch stark benachteiligt, zeigt eine OECD-Studie. Oft werden Bewerbungen schon allein wegen des Namens aussortiert.

Die Studie zieht auch ein ernüchterndes Fazit zur Schulbildung von Migranten. Bild: dpa

Kinder von Einwanderern haben hierzulande trotz gleichen Bildungsniveaus deutlich schlechtere Chancen auf dem Arbeitsmarkt als junge Menschen ohne Migrationshintergrund. Zu diesem Schluss kommt eine neue Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, für die die OECD zum ersten Mal Arbeitsmarktintegration und Bildungsniveau von Migranten und Nicht-Migranten in all ihren 16 Mitgliedstaaten untersuchte.

Das Besondere an den Ergebnissen zu Deutschland: Während die Unterschiede der Arbeitsmarktintegration zwischen Menschen mit und ohne Migrationshintergrund im Bereich der Geringqualifizierten gering ausfallen, treten sie besonders deutlich bei den Hoch- und Fachhochschulabsolventen hervor: So haben hierzulande 90 Prozent der 20- bis 29-jährigen hochqualifizierten Männer ohne Migrationshintergrund einen Arbeitsplatz. In der Vergleichsgruppe mit Migrationshintergrund sind es jedoch nur 81 Prozent.

"Das Ergebnis muss überraschen, schließlich erwerben beide Gruppen ihre Bildungsabschlüsse in der Regel im Inland", sagt OECD-Migrationsexperte Thomas Liebig, einer der Autoren der Studie. Doch besonders junge Männer aus Einwandererfamilien träfen trotz guter Abschlüsse auf "konsistente Barrieren": "Die statistische Diskriminierung wird in Deutschland immer noch unterschätzt", erklärt Liebig.

Sie greife vor allem im Bewerbungsverfahren: Arbeitgeber würden in Bewerbungsunterlagen nicht auf die Qualifizierungen schauen, wenn Name oder Foto einer Person auf einen Migrationshintergrund deuteten. "Stattdessen greift das Vorurteil im Kopf: das Bild von niedrigqualifizierten Eltern." Als aufklärerische Gegenmaßnahme empfiehlt Liebig, Migranten in guter beruflicher Position als "Role Models" positiv in der Öffentlichkeit darzustellen. "Zudem braucht es Studien über das Ausmaß der statistischen Diskriminierung", fordert er. Deutschland hinke in diesem Bereich hinterher.

Ein anderes Bild zeigt sich bei der Arbeitsmarktintegration geringqualifizierter Migranten, die weder Abitur noch eine abgeschlossene Berufsausbildung vorweisen können: Sie sind hierzulande laut OECD "vergleichsweise gut in den Arbeitsmarkt integriert" - ein Befund, den sich Deutschland mit Österreich teilt. Konkret bedeutet das: Geringqualifizierte verfügen deutlich seltener über einen Arbeitsplatz als Hochqualifizierte, allerdings gibt es hier zwischen Personen ohne und mit Migrationshintergrund kaum Unterschiede: In der einen Gruppe haben 56 Prozent eine Arbeit, in der anderen 54 Prozent.

Liebigs Erklärung: Anders als bei den Hochqualifizierten funktionierten in dieser Gruppe berufsfördernde Netzwerke der Eltern, die - gerade was die Migration aus der Türkei betreffe - zum größten Teil selbst als niedrig qualifizierte Gastarbeiter nach Deutschland eingewandert seien.

Ein ernüchterndes Fazit zieht die Studie mit Blick auf die Schulbildung von Migranten: Zwar stehe Deutschland etwas besser da als die Niederlande, Belgien oder Dänemark, bewege sich jedoch im "unteren Mittelfeld", sagte Liebig. So ist unter den 20 bis 29-Jährigen mit Migrationshintergrund der Anteil der Geringqualifizierten doppelt so hoch wie bei Personen ohne Migrationshintergrund.

Eine Erklärung dafür: Die Eltern der MigrantInnen - etliche von ihnen sind niedrig qualifiziert - geben diesen Hintergrund an ihre Kinder weiter. Als Mittel zum Gegensteuern müsse die frühkindliche Bildung gefördert werden, sagt Liebig: Sprachdefizite sollten am besten schon im Alter von drei oder vier Jahren aufgearbeitet werden.

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