Schulreform in Hamburg: Ein Konflikt erreicht die Straße

Ab Mittwoch sammeln die Gegner der Primarschule Unterschriften für das Volksbegehren "Wir wollen lernen". Eine Gegenaktion wollten sie juristisch unterbinden

Ein Beispiel für eine besonders gelungene Sky-du-Mont-Maske Bild: dpa

Nicht wie angekündigt um Mitternacht auf der Reeperbahn, sondern heute früh auf den Wochenmärkten in Groß Flottbek, Harburg und Volksdorf startet die Unterschriftenaktion des Volksbegehrens "Wir wollen lernen" zum Stopp der Primarschule. Die Gruppe "Junge GEW" hat für heute Nachmittag eine Gegenaktion geplant. Unter dem Motto "Maske auf - Elite raus" sollten Teilnehmer sich Masken mit dem Bild von Schauspieler Sky du Mont aufsetzen und zur Kampagnenzentrale von "Wir wollen lernen" an die Lilienstraße ziehen.

Doch die Masken müssen nun übermalt werden. Der Schauspieler, der im Mai und September bei Anti-Primarschuldemonstrationen als Redner auftrat, sieht sich in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt. Die Kanzlei Graf von Westphalen, in der Initiativensprecher Walter Scheuerl tätig ist, setzte die Junglehrer gehörig unter Druck und verbot ihnen bei Androhung einer fünfstelligen Summe, die Masken und die Flyer mit du Monts Anlitz weiter zu verbreiten. Unter Juristen dürfte dieser Vorgang strittig sein, da der aus Talkshows bekannte Mime als Person der Zeitgeschichte gilt.

Trotz des Ärgers soll die mittlerweile auch offiziell angemeldete Aktion stattfinden. Treffpunkt ist um 17 Uhr am Mönckebrunnen, von wo aus dann die weiß Maskierten zum Büro der Gymnasiumsinitiative laufen wollen. Symbolträchtig soll auf einem Schild mit der Aufschrift "Unten" getrampelt werden und mit Aktionen wie "Wir spielen Golf" und "Wir putzen unsere Gucci-Brille" deutlich gemacht werden, was man von der Initiative hält.

Kampagnenleiter Frank Solms Nebelung gibt sich gelassen: "Wir wissen, dass die kommen, und werden ihnen einen Kaffee anbieten." Der Fliege-Träger ist Geschäftsführer der Campaigning-Agentur FSNC, die sich "Gesellschaft für Krisen- und Veränderungskommunikation" nennt und mehrere Wochen lang auf ihrer Homepage "engagierte Studenten für spannende und abwechslungsreiche Tätigkeiten als Kampagnen-Mitarbeiter" suchte. Auf die Frage, ob hier Helfer für das Volksbegehren gesucht wurden, sagt Nebelung: "Das stimmt. Wir haben ungefähr 20 Studenten, die für uns Unterschriften sammeln gehen." Seines Wissens nach hätten alle Volksbegehren, die erfolgreich waren, "Studenten dabei gehabt".

"Das ist durchaus nicht unüblich. Wir haben das beim letzten Volksbegehren auch gemacht, als es eng wurde", räumt Ronald Deppe vom Verein Mehr Demokratie ein. "Das waren aber maximal fünf oder sechs Leute, hauptsächlich arbeiten wir mit Ehrenamtlichen." 20 bezahlte Sammler findet er eine Menge. Der Fachschaftsrat der Uni-Fakultät Erziehungswissenschaft schreibt gar von "wohlbetuchten Machern", die "Geld" einsetzten, um "ihr soziales Bildungsprivileg in Form des Heiligtums Gymnasiums zu retten".

Pünktlich zum Start meldeten sich auch 130 SPD-Mitglieder in einer Anzeige zu Wort, in der sie dazu auffordern, nicht zu unterzeichnen. Und auch Karin Medrow-Struss von "eine Schule für alle" warnt vor der Unterschrift für den Erhalt eines "ungerechten und ausgrenzenden Schulsystems". Ihr Bündnis hatte vor einem Jahr für ein Volksbegehren auf der Straße gesammelt, die nötigen 62.000 Unterschriften aber knapp verfehlt. "Wir haben das ehrenamtlich gemacht", sagt Medrow-Struß. "Ohne bezahlte Sammler."

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