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Kontrollen werden verschärftMehr Besuch für Biohühner

Ökoinspekteure müssen große Geflügelfarmen künftig häufiger überprüfen. Kontrollstellen dürfen sich nun bei 20 Prozent ihrer Inspektionen nicht mehr anmelden

Eingesperrt und bald stärker überwacht: Ein Huhn. Bild: Marius Zierold - Lizenz: CC-BY-ND

Nach den jüngsten Betrugsskandalen mit Biolebensmitteln haben die Aufsichtsbehörden mehr Kontrollen angeordnet. Bei großen Geflügelfarmen müssen die privaten Inspekteure jetzt mindestens vier- statt wie bisher einmal pro Jahr überprüfen, ob die Betriebe die Ökovorschriften einhalten.

Diesen Beschluss habe die Länderarbeitsgemeinschaft der Ökobehörden gefasst, sagte Vorsitzender Stefan Geisthardt am Mittwoch. Außerdem haben die den Ministerien unterstellten Ämter nach Informationen aus Behördenkreisen entschieden, dass sich die Kontrollstellen bei 20 Prozent ihrer Inspektionen nicht mehr bei den Betrieben anmelden dürfen.

Damit reagieren die Kontrolleure vor allem auf den Fall des einst größten Biogeflügelhändlers in Deutschland, Berthold Franzsander. Der nordrhein-westfälische Unternehmer hatte seine Puten in verbotenem Maße mit normalem statt mit ökologischem Futter versorgt, wie Anfang des Jahres bekannt wurde (taz berichtete).

Im Sommer sorgte der Eierproduzent Hennenberg für Negativschlagzeilen: Er soll billige konventionelle Eier als teure Bioeier verkauft haben. Beiden Betrieben hatten Kontrollstellen regelmäßig bescheinigt, dass sie die Voraussetzungen für das begehrte Biosiegel erfüllten.

Im Fall Hennenberg reichte den Inspekteuren dafür nach eigenen Angaben 2007 und 2008 jeweils nur ein Besuch vor Ort. Obwohl Hennenberg zu einem Verbund an Betrieben mit konventioneller und ökologischer Produktion gehört, wo Betrug besonders leicht ist. "Es hat offensichtlich nicht funktioniert, dass die Kontrollstellen selbst entscheiden, wie oft sie außer bei der Jahreskontrolle nach dem Rechten schauen", sagt Behördenmitarbeiter Geisthardt.

Deshalb ziehen die Ämter nun die Daumenschrauben an: Sie verpflichten die Inspekteure, "bei spezialisierten Ökogeflügelhaltern mit einer durchschnittlichen Bestandsgröße von mehr als 3.000 Tieren mindestens zwei Inspektionen jährlich, davon eine unangekündigt", durchzuführen. Wer mehr als 10.000 Tiere hält, soll mindestens viermal, davon dreimal unangemeldet überprüft werden.

Zudem müssen die Kontrolleure nun jährlich mindestens eine Futtermittelprobe dieser Betriebe im Labor analysieren lassen. Bislang haben sie das nur im Ausnahmefall gemacht. Das war einer der Gründe, weshalb den Ökokontrolleuren lange nicht aufgefallen war, was sich in Franzsanders Futtersilos wirklich verbarg. Mit Laborproben lässt sich konventionelles Futter - zum Beispiel gentechnisch verändertes Soja - leichter entdecken.

Der Beschluss zu den Geflügelhaltern ging vor allem auf die Initiative der Kontrollstelle "Gesellschaft für Ressourcenforschung" zurück. Ihr Chef, Jochen Neuendorff, zeigte sich damit zufrieden, kritisierte die Entscheidung zum Anteil unangemeldeter Kontrollen aber als "faulen Kompromiss". Schon jetzt würden in der Praxis 20 Prozent der Kontrollen unangekündigt durchgeführt. Die neue Quote bringe also keinen Fortschritt.

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1 Kommentar

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  • AT
    Antonietta Tumminello

    Mastgeflügel ist durch die Haltung in engen, manchmal auch schlecht gelüfteten und gereinigten Ställen sehr krankheits-anfällig und bekommt meist schon vorbeugend Antibiotika. Da Geflügel-Antibiotika dieselben Wirkstoffe enthalten, die für Menschen verwendet werden, könnten sich durch den Fleischverzehr auch bei Bakterien im menschlichen Körper Resistenzen entwickeln.

     

    Bio-Geflügel ist deutlich gesünder als anderes Geflügel, denn es enthält weder synthetische Futterzusatzstoffe noch Wachstumsförderer und darf nicht vorbeugend mit Medikamenten behandelt werden. Sollte ein krankes Tier Antibiotika bekommen, muß der Bio-Züchter mit der Schlachtung doppelt so lange warten wie ein konventioneller Geflügelhalter. Auch das sonst übliche Kürzen der Schnäbel ist verboten.