Effiziente Windkraft: Tiefkühlen, wenn es weht

In Cuxhaven verlagert ein Kühlhaus den Stromverbrauch in die Zeiten, wenn reichlich Elektrizität vorhanden ist. So lassen sich Windkraftwerke besser nutzen.

Wer Verbräuche zeitlich verlagert, bewirkt damit das Gleiche wie ein Speicher. Bild: dpa

In Cuxhaven wird jetzt ein Stück Energiezukunft sichtbar: Immer wenn durch starken Wind im Stromnetz ein Überschuss an Energie herrscht, werden die Kühlaggregate der Cuxhavener Kühlhaus GmbH automatisch in Betreib gesetzt. Flaut der Wind später ab, werden sie wieder heruntergefahren.

Dem Fisch im Kühlhaus ist es nämlich egal, wann die Kältemaschinen laufen. Das Lagergebäude ist so gut gedämmt, dass selbst im Hochsommer bei abgeschalteter Kühlung die Temperatur nur um 1 Grad pro Tag steigt. Wird das Kühlhaus also an einem windreichen Tag auf minus 25 Grad abgekühlt, kann es anschließend mehrere Tage ohne Strom auskommen. Erst wenn die Temperatur sich wieder dem Wert von minus 20 Grad annähert, wird wieder die aktive Kühlung nötig.

Weil die Maschinen also immer nur zeitweise laufen, lässt sich ihr Betrieb ideal den Verhältnissen des Strommarktes anpassen. Für Unternehmen ist das ein attraktives Konzept: "Damit können wir unsere Energiekosten senken", sagt Kühlhausbetreiber Axel Stahlbuck. Denn nach Marktlogik ist der Strom immer dann am billigsten, wenn am meisten vorhanden ist; wer also seinen Verbrauch in Zeiten starker Winde verlagert, kann billigere Energie einkaufen.

Das Projekt in Cuxhaven dient bislang allerdings vor allem der Demonstration. Es soll zeigen, dass sich die Kühlanlagen tatsächlich gemäß dem Stromangebot fahren lassen; dass eine Idee, die in der Theorie oft diskutiert wurde, auch in der Praxis funktioniert. 200 Kilowatt an Regelleistung stehen in der Hafenstadt damit nun zur Verfügung. Es ist ein kleiner Anfang, doch dahinter steckt eine große Vision: Künftig sollen Millionen von Stromverbrauchern ihren Betrieb optimieren, indem sie ihren Verbrauch so weit wie möglich in günstige Zeiten verlagern.

Vom "Internet der Energie" ist inzwischen die Rede, weil das Stromnetz künftig ganz anders funktionieren wird als in der Vergangenheit. Traditionell war es so, dass Großkraftwerke zentral gesteuert wurden, um jederzeit den Bedarf im Land zu decken. Künftig jedoch werden immer mehr Erzeuger dezentral einspeisen. Weil die erneuerbaren Energien aber nicht auf Knopfdruck verfügbar sind, werden vor allem die großen Verbraucher ihre Nachfrage durch eine intelligente Steuerungstechnik zeitlich optimieren.

Hinter dem Projekt in Cuxhaven stehen der Oldenburger Energieversorger EWE AG, der zu 26 Prozent der EnBW gehört, sowie die ebenfalls in Oldenburg ansässige Firma Energy & Meteo Systems, deren Kernkompetenz die Prognose von Windleistungen ist. "Wir machen die erneuerbaren Energien mit diesem Projekt präzise prognostizierbar", sagt Ulrich Focken, Geschäftsführer der Energy & Meteo Systems. Denn durch das Kühlhaus werden die Leistungen eines konkreten Windparks ausgeregelt. Unter dem Namen eTelligence wird das Projekt vom Bundeswirtschaftsministerium gefördert.

Solche Lösungen dürften massiv ausgebaut werden, weil sich durch eine kluge Steuerung der Bedarf an Stromspeichern deutlich reduzieren lässt. Denn wer Verbräuche zeitlich verlagert, bewirkt damit das Gleiche wie ein Speicher. Wissenschaftler Focken hält derartige Steuerungskonzepte für unabdingbar, um künftig mit dem zunehmenden Wind- und Solarstrom im Netz umzugehen.

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