Geschäftsmodell für Street View: Kommerz in 3D
Das Projekt "Street View" kostet Google viel Zeit und Geld. Es gibt Pläne, die Ansichten mit Werbung zuzupflastern. Ortsspezifische Werbung gilt als großer Wachstumsmarkt.
Fast könnte man Mitleid haben mit Google: Seit bald zwei Jahren schon versucht der Internet-Konzern, seinen Kartenbilderdienst "Street View" in Deutschland an den Start zu bringen. Zuerst wehrten sich einzelne Gemeinden, dann gab's Stunk mit den Datenschützern. Zuletzt hatte auch Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner, gerne in Sachen Internetpolitik zu populistischen Manövern aufgelegt, massive Kritik vorgebracht. CDU und Grüne erwogen zur Zwischenzeit in Hamburg eine Bundesratsinitiative gegen solche und ähnliche Angebote zu starten.
Da wundert es nicht, dass Googles oberster Firmendatenschützer Peter Fleischer in einem Interview mit der "Welt" sagte, in keinem anderen europäischen Land habe es eine "so heikle und polemische Debatte über genau den selben Dienst" gegeben, während er anderswo kritiklos angenommen wurde.
So umstritten Street View in Sachen Datenschutz auf Betroffene wirken mag – was bei der Debatte stets unter den Tisch fällt, ist die Motivation seitens Google und seiner Konkurrenten, solche und ähnliche Dienste überhaupt zu starten. So interessant es für den Nutzer auf den ersten Blick sein mag, fremde Städte und Regionen auf der Erde mittels frei navigierbarer Internet-Bilder zu begutachten: Die Erstellung und der Betrieb solcher Angebote kostet viel Geld. Der Aufwand, den Google betreibt – fast alle Straßen eines Landes werden abgefahren, die Bilder nachbearbeitet und optimiert – ist groß. Was hat der Konzern also überhaupt von diesem an sich wahnwitzigen Projekt?
Die Antwort lautet schlicht und ergreifend: Bislang noch nicht viel. Pläne, die Street View-Ansichten mit Werbung zuzupflastern, sind bislang nicht umgesetzt worden. Doch genau darauf läuft es hinaus: Sind einmal genügend Bilder eines Ortes vorhanden, lässt sich die real-virtuelle Welt, in die Street View-Nutzer eintauchen, genauso wie heute der Kartendienst Google Maps zu einer großen Reklameplattform ausbauen. Erste Versuche gibt es bereits. Der neue Dienst nennt sich "Google Store View" und kann mit Street View verknüpft werden. Dabei knipsen die Google-Kameras nicht nur das Exterieur, sondern gehen in Läden hinein.
Aktuell ist das Vorhaben noch in der Pilotphase. Nur die größten Städte in den USA, sechs australische Metropolen und zwei japanische sind dabei. "Wir fotografieren das Layout, die Annehmlichkeiten, die Produkte und auch das Schaufenster", sagt Peter Fleischer. Selbst vorhandene Menüs sollen geknipst werden. Die gewonnenen Bilder, die ein Google-Team in unter einer Stunde zusammenschießt, werden in den so genannten "Place"-Dienst integriert.
Dabei handelt es sich um eine zentrale Anlaufstelle für Geschäfte und andere Orte, die in Googles Suchergebnissen auftaucht. Ein Restaurant kann eine solche Place-Seite besitzen. Der Standardeintrag ist kostenlos, wer sich auf der Google Maps-Karte etwas hervorheben will, zahlt 25 Dollar im Monat, was allerdings bislang nur in drei US-Städten funktioniert. Immerhin 50 Millionen verschiedene Orte konnte Google innerhalb eines Jahres so bereits versammeln. Spezialisierten Ortsdiensten wie Yelp oder Qype macht Google so Konkurrenz.
Nach Beendigung der Fotofahrten in den großen Ländern der Welt könnten all diese Daten dann in eine einzige dreidimensionale Plattform überführt werden. Erste Schritte in diese Richtung hat Google bereits unternommen. So ist der Satellitendienst Google Earth mit Hilfe eines kostenlosen Plug-ins auch in Firefox und Internet Explorer zu sehen, ohne dass die Spezialsoftware noch gestarten werden muss. All das dient einer möglichst detailgetreuen Abbildung der Welt im Netz, die sich dann mittels Online-Werbung ausbeuten lässt.
Google ist nicht der einzige Internet-Konzern, der diese Strategie verfolgt. Auch Microsofts Suchmaschine Bing bietet mittlerweile mit "Streetside" einen eigenen Kartenbilderdienst und will in diesem Bereich weiter expandieren. Auch hier deutet sich das Geschäftsmodell bislang nur wage an, es läuft aber alles auf lokale Werbung im Sinne von "Das ist mein Laden" hinaus.
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