Präventive Datensammlung: De Maizière rettet BKA-Dateien

Die Hooligan-Datei und andere Gewalttäterdateien bekommen doch noch die von den Gerichten geforderte Rechtsgrundlage.

Jetzt doch rechtens: Innenminister rettet 80 Gewalttäter-Dateien des BKA. Bild: dpa

Freiburg taz | Innenminister Thomas de Maizière (CDU) hat rund 80 Dateien des Bundeskriminalamts vor der Rechtswidrigkeit gerettet. Dazu gehören die Hooligan-Datei, die Dateien für "Gewaltäter links" und "Gewalttäter rechts". Am Mittwoch tritt die von de Maizière erlassene BKA-Daten-Verordnung in Kraft - just an dem Tag, an dem das Bundesverwaltungsgericht über die Zulässigkeit der Hooligan-Datei entscheiden wollte.

Vor wenigen Wochen hatte de Maizière einen Entwurf der BKA-Daten-Verordnung an die Länder gesandt. Der Entwurf wurde aber nicht veröffentlicht. Bekannt wurde er erst letzten Donnerstag, als er ganz kurzfristig auf die Tagesordnung des Bundesrats genommen wurde. Am Freitag stimmte die Länderkammer dem Entwurf dann ohne jede Aussprache zu, anschließend unterschrieb de Maiziére die Verordnung, am 9. Juni tritt sie in Kraft.

Das Innenministerium rechtfertigt das blitz-artige Vorgehen damit, dass faktisch nichts geändert werde. Die Verordnung sei nach Auffassung des Ministeriums eigentlich unnötig und diene nur der Rechtssicherheit.

Tatsächlich haben aber mehrere Verwaltungsgerichte seit 2008 entschieden, dass die Hooligan-Datei derzeit rechtswidrig ist (taz 28. 4. 2009). Das BKA-Gesetz erlaubt zwar die Einrichtung von zentralen Dateien - welche Daten darin gespeichert werden dürfen, müsse aber laut Gesetz in einer Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats festgelegt werden. Auf diese Verordnung hat die Bundesregierung bisher verzichtet und die Dateien nur auf interne Einrichtungsermächtigungen gestützt. Nach Ansicht von Ex-Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) war dies ausreichend, weil alles wesentliche bereits im BKA-Gesetz stehe.

Sein Nachfolger de Maizière geht nun aber kein Risiko ein und schuf schnell die von den Gerichten geforderte Verordnung. Dies ist zumindest ein Gewinn an Transparenz, denn die Verordnung ist öffentlich, die Errichtungsermächtigungen waren geheim.

In der Verordnung ist nun nachzulesen, was über Beschuldigte, Verdächtige und "zukünftige Straftäter" gespeichert werden kann. Neben den üblichen Personalien können allerlei Besonderheiten wie eine ungepflegte Erscheinung, eine schrille Stimme, ein Dialekt, ein Sprachfehler oder auffällige Tätowierungen erfasst werden. Auch die Schuhgröße, die Handschrift und das Gewicht sind, soweit bekannt, in den BKA-Dateien speicherbar. Ob der Speicherumfang damit ausgeweitet wird, bleibt unklar, da die bisherige Errichtungsermächtigung ja nur intern bekannt war.

Unter welchen Voraussetzungen eine Person, die bisher nicht verdächtig war, als "zukünftiger Straftäter" (Seite 32 der Begründung) eingestuft wird, bleibt offen. Laut dem schon seit 1997 geltenden Paragraph 8 des BKA-Gesetzes müssen "bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Betroffenen Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen werden". Dies wird auch in der neuen Verordnung nicht konkretisiert.

Zu den 80 Dateien, die de Maizière vor der Rechtswidrigkeit bewahrt hat, gehört unter anderem die DNA-Analysedatei, der Kriminalaktennachweis, die Fahndungs- und Vermissten-Datei sowie zahlreiche spezielle Verbunddateien zu einzelnen Straftaten und Deliktsgruppen.

Die 1994 eingerichtete Hooligan-Datei umfasste Mitte 2009 nach Auskunft der Bundesregierung rund 11245 Personen. Die Speicherung kann zum Beispiel dazu führen, dass die Ausreise zu Länderspielen oder Partien der Champions League verweigert wird. Die im Jahr 2000 eingerichtete Datei "Gewalttäter links" erfasste 1866 Personen, die Datei "Gewalttäter rechts" hatte 1328 Einträge.

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